Beschreibung
Der Topos vom Siechtum Europas ist in Alfred Döblins Roman 'Amazonas' allgegenwärtig. Das Werk schildert den Verlauf der europäischen Moderne als Geschichte einer Krankheit, die im Zeitalter der Entdeckungen ausbricht und in der faschistischen Barbarei ihren katastrophalen Höhepunkt erreicht: Übersteigerter Rationalismus, Materialismus und Nihilismus kulminieren in maßlosem Macht- und Herrschaftswillen und besinnungslosem (Selbst-)Vernichtungswahn. Europa und den Europäern scheint jede Alternative zu sich selbst verwehrt. Diese mit Papier und Stift gestellte Diagnose des Arztes und Schriftstellers Döblin ist vernichtend, aber nicht endgültig.Unter Einbeziehung der poetologischen und kulturphilosophisch-anthropologischen Schriften des Autors betrachtet Vera Hildenbrandt 'Amazonas' als Laboratorium, in dem Döblin der Krankheit seiner Zeit auf den Grund geht, indem er Europa und seine Menschen in verschiedenen Epochen und aus immer neuen Perspektiven untersucht. Gleichzeitig zeigt er aber auch Mittel und Wege auf, wie Europa neu und anders gedacht werden kann.