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Früher war alles besser

Ein rücksichtsloser Rückblick

Miersch, Michael/Broder, Henryk M/Joffe, Josef u a
Erschienen am 13.09.2010, 1. Auflage 2010
16,99 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783813503852
Sprache: Deutsch
Umfang: 223 S., 4 s/w Illustr.
Format (T/L/B): 2.1 x 20.5 x 13.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Vier Männer wagen den Blick zurück: polemisch, ironisch, herrlich böse Tatsächlich, früher war wirklich alles besser: Kulenkampff erfüllte den Kulturauftrag. Küsse schmeckten besser als Männer noch Männer und Frauen allein für die Verhütung zuständig waren. Drogen ohne Chemie machten das Leben bunt. Und die Kindheit war auch viel schöner, weil noch geschlagen werden durfte … Es gab Buchclubs und die DDR, Wählscheibentelefone, Kriegsversehrte und Kröpfe. Vorehelicher Geschlechtsverkehr war ein Delikt, Mädchen trugen modische Schlüpfer und die Putzfrauen waren deutsch. Wie schade, dass die Eiswaffel (weiland 20 Pfg) bald genauso verschwunden sein wird wie Dujardin in der Eckkneipe, die Sekretärin – und womöglich die SPD. Anderes war tatsächlich immer schon überflüssig: die Dritte Klasse in der Bahn, Dritte Welt, Kannenwärmer und Kalter Krieg. In diesem Buch geht die unkonventionellste Viererbande des deutschen Journalismus durch die Bestände unseres Lebens und führt uns auch vor Augen, was wir alles bekommen können, wenn wir nicht so viel zurückdenken: Mobiltelefone und medizinischen Fortschritt, kernlose Weintrauben und rasierte Achseln. Eine total andere Kultur- und Sozialgeschichte von vier der einflussreichsten Journalisten Deutschlands.

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DE 81673 München

Autorenportrait

Michael Miersch, geb. 1956, ist Buch- und Filmautor. Er hat sich seit langem auf Naturthemen und Ökologie spezialisiert. Sein gemeinsam mit Dirk Maxeiner verfasstes Lexikon der Öko-Irrtümer stand 1998 monatelang auf den Bestsellerlisten.

Leseprobe

'Damals gab es von allem viel mehr - natürlich auch mehr Abenteuer', schreibt Käpt'n Blaubär in seinen Lebenserinnerungen. Mit dieser Gewissheit spricht der gebildete Bär vielen Menschen aus dem Herzen. Mancher bastelt sich eine ganze Weltanschauung daraus. Kaum verschreibt der Augenarzt die erste Gleitsichtbrille, reift die Überzeugung, dass früher alles besser war. Früher war vor allem eines besser: Man war jünger. Die erste Liebe, die erste Reise, der Zorn gegen die saturierten alten Säcke waren großes Kino. Hinein ins donnernde Leben. Aber war die Welt besser? Die Kultur, die Technik, die Umwelt, die Sitten? Wer möchte zurück? Wir nicht. Und dennoch trauern auch wir gelegentlich alten Zeiten nach, als Rauchen noch cool war, die GIs den Rock'n'Roll brachten und Oswalt Kolle die gewagte These aufstellte, über Sex könne man sprechen. Bei einem dieser sentimentalen Anflüge entstand die Idee für die vorliegende Sammlung persönlicher Erinnerungen. Nachdem wir vor ein paar Jahren gemeinsam ein Lexikon des politisch korrekten Neusprech ('Schöner denken') verfasst hatten, beschlossen wir, nach der gleichen Methode - Subjektivität plus Lustprinzip - ein Lexikon der eigenen Vergangenheit zu erstellen. Es soll von den unspektakulären Dingen des Alltags erzählen, die seit der Nachkriegszeit verschwunden sind oder sich komplett verändert haben. Ein Rückblick auf kuriose Phänomene wie Bahnsteigkarten, Polit-Pin-ups, die Sozialistische Einheitspartei Westberlins oder Käse-Igel, aber auch auf große Ereignisse, die unser Leben erschütterten (Waldsterben, Minirock). Wer möchte, kann es als kleine Kultur- und Sozialgeschichte Deutschlands lesen. Auch wenn manches in diesem Buch nostalgisch klingt: Wir finden, früher war vieles schlechter. Das Schöne am Ältersein ist nämlich, mit eigenen Augen gesehen zu haben, wie sich die Welt verändert hat. Das ist viel besser, als mit zwanzig unter dem Gefühl zu leiden, dass sich nichts bewegt (und deshalb endlich eine Revolution kommen muss). Die Momente der Weltveränderung bemerkt man selten, höchstens in dramatischen Augenblicken wie dem Mauerfall. Normalerweise ist der Wandel schwer zu er kennen. Er findet am undeutlichen Rand unseres vom Zeitgeist verengten Blickfeldes statt. Erst in der Rückschau wird er sichtbar - oft zur eigenen Überraschung, obwohl er einen doch die ganze Zeit begleitet hat. Das liegt unter anderem daran, dass die meisten Revolutionen ohne Sturm auf die Bastille stattfinden. Sie werden von keinem Komitee beschlossen, sondern passieren einfach so - nebenbei und zwischendurch. Weil die Menschen sich neue Freiheiten nehmen, alte Sitten und Gebräuche ablegen, neue Möglichkeiten nutzen, welche ihnen die Technik eröffnet, oder weil sie einfach wohlhabender werden und länger leben. Es gibt, neben den Weltkriegen, Völkermorden, Revolutionen und all den anderen großen Dramen, die in die Geschichtsbücher eingehen, eine zweite Ebene des Wandels. Letztere wälzt das Leben oft heftiger und nachhaltiger um. Verhütungspille, Massenmotorisierung, Billigflüge, Antibiotika, Impfungen, moderne Pflanzenzucht, Computer und Internet lösten technisch-soziale Revolutionen aus, die unser Leben heftig veränderten. Von einem Drittel der Obstsorten im Gemüseladen um die Ecke hatten unsere Großmütter nie gehört. Ganz zu schweigen von Sushi. Vieles, an das wir uns gewöhnt haben, war für unsere Großeltern eine ferne Utopie. Wir sind die erste Generation, die Frieden, Freiheit und Wohlstand als Dauerzustand kennengelernt hat. Eine Neuheit in der Geschichte. Dennoch, oder vielleicht auch deswegen, hat sich unsere Generation in die Apokalypse verliebt. Auf den Titelblättern der vergangenen Jahrzehnte war es immer fünf vor zwölf. Raketenrüstung, Waldsterben, Atomstaat, vergiftetes Essen, Bevölkerungsexplosion, das Ende aller Ressourcen, Klimakatastrophe, Rinderwahnsinn und viele andere Desaster drohten unentwegt mit dem Schlimmsten. Steigende Lebenserwartung und wachsender Wohlstand hingegen

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