Beschreibung
Bei der Vorbereitung der Herausgabe seiner Schriften verfasste Nikolaus von Kues Mitte 1459 in Rom eine tiefgreifende und weitreichende Deutung zum Thema »Vita erat lux hominum« des Prologs des Johannes-Evangeliums (Io. 1,4). Der Traktat, den der Autor »De aequalitate« nennt, ist als Einführung in das Predigtwerk zum besseren Verständnis seiner theologischen Verkündigung verfasst. Thematisch eigenständig, bietet er im wesentlichen eine philosophische Spekulation, mit der 'Gleichheit' als ein Universalprinzip der Wirklichkeit und als universale Verstehens- und Erkenntniskategorie vorgestellt wird, gleichermaßen für die theologische Trinitätslehre wie für die Welt und die menschliche Weltgestaltung. Vier kritische Apparate erschließen den Text: ein philologischer die Textüberlieferung und Textkonstitution; ein anderer bietet den Nachweis der Bibelstellen; in enger Anlehnung an Studien und Lektüren des Autors zeigt der dritte die zugrundeliegenden Quellen auf; der vierte erschließt die Schrift durch den Aufweis von Parallelen in den vorausgehenden und nachfolgenden Schriften, aber auch Predigten des Nikolaus. In einem ausführlichen Vorwort werden neben der Überlieferungsgeschichte Entstehungszeit und Entstehungsort der Schrift geklärt, der Empfänger bestimmt und ein Überblick über den Gang der Gedankenentwicklung gegeben. Mehrere Indices, darunter ein ausführlicher Wortindex, schließen die Edition ab, der als Appendix eine kurze, thematisch verwandte Darlegung zum Verständnis des Johannesevangeliums beigefügt wird, die Responsio de intellectu evangelii Ioannis: Quomodo ratio divina sit vita (ca. 1444).
Autorenportrait
Nikolaus von Kues (Nicolaus Cusanus) kommt 1401 im heutigen Bernkastel-Kues zur Welt. Nach kurzem Studium der freien Künste in Heidelberg widmet er sich an der Universität Padua dem Kirchenrecht. Nach der Priesterweihe um 1440 wird Nikolaus 1448 zum Kardinal ernannt. 1433 verfaßt Nikolaus auf dem Basler Konzil seine erste grundlegende Schrift De concordantia catholica, in der er als Jurist und Theologe eine neue Ekklesiologie, eine allgemeine Konzils- und Staatstheorie sowie eine darauf aufbauende Reichsreform entwirft. Die erste von Nikolaus zur Veröffentlichung bestimmte philosophisch-theologische Schrift De docta ignorantia ist grundlegend für das Verständnis seines Denkens. Hier entwickelt er seinen berühmt gewordenen Begriff der "coincidentia oppositorum" der theologisch von der Suche nach Gott und philosophisch von der Jagd nach Weisheit geleitet ist. Mit der Einsicht in das Nichtwissen des Wissens distanziert sich Nikolaus von der ontologisch bedingten Erkenntnismetaphysik der Hochscholastik, um ein neuzeitliches Wahrheitsverständnis zu begründen. Nikolaus von Kues verbringt die letzten sechs Jahre seines Lebens am Hofe des Papstes in Rom und stirbt 1464.