Beschreibung
'Literatur speichert Erfahrungen und Empfindungen schneller als die Gene. Sie darf Dinge anders sehen, aussprechen, neu bewerten, Utopien entwerfen, unvernünftig und verrückt sein. Sie darf Dinge zurechtrücken, was gerade ziemlich notwendig zu sein scheint, denn die Welt ist ein übel riechender Schweinetrog geworden, an dem sich ein paar wirkliche dicke Säue laben, die Anlass zur Vermutung geben, der bekannte, oft zitierte Ausspruch der Ingeborg Bachmann sollte eigentlich lauten: In Wahrheit ist der Mensch die Zumutung.' Franzobels kämpferische Klagenfurter Rede zur Literatur, mit der die 41. Tage der deutschsprachigen Literatur eröffnet wurden, erteilt dem 'Suhlen in der Selbstbefindlichkeit' eine Absage und nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um den Zustand der Welt und eine allzu bequeme Haltung zu ihr geht. Gegen diesen 'Schweinetrog', gegen die 'Kleingeister und Nationalisten, Europazertrümmerer, Weltzerstörer' macht er die Literatur stark, spricht ihr Substanz und Relevanz zu, fordert aber auch ihr sich Einlassen auf die Welt.
Autorenportrait
Franzobel, geb. 1967 in Vöcklabruck, Studium Germanistik und Geschichte, Schriftsteller seit 1989, gewann 1995 mit der Erzählung 'Die Krautflut' (Suhrkamp) den Ingeborg-Bachmann-Preis. Zahlreiche weitere Auszeichnungen folgten, u. a. der Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (1998), der Arthur-Schnitzler-Preis (2002) und der Nestroy (Autoren- und Spezialpreis 2005). Im gleichen Jahr stand er mit 'Das Fest der Steine oder Die Wunderkammer der Exzentrik' (Zsolnay) auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. Aktuell wird sein Roman 'Das Floß der Medusa' (Zsolnay 2017) begeistert aufgenommen. Franzobel schreibt Prosa, Dramen und Lyrik. Publiziert hat er eine Vielzahl an Büchern (darunter auch Kinderbücher) und Theaterstücken, die weit über den deutschsprachigen Raum hinaus aufgeführt werden. Übersetzungen liegen in über zwanzig Sprachen vor.