Beschreibung
- Was sind Ego-States? - Wo ist das Selbst im Modell der Persönlichkeitsteile? - Gibt es das 'Innere Kind'? - Hat jeder eine multiple Persönlichkeit? - Wie kann man mit einem durchdachten Modell der Persönlichkeitsteile therapeutisch arbeiten? Autor ist den Fachleuten bekannt durch Vorträge und seine erfolgreichen Bücher Thematisiert 'Dissoziative Identitätsstörung' Arbeit mit Persönlichkeitsteilen ist im Fokus der Therapeuten.
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Autorenportrait
Jochen Peichl, Dr. med., war bis Ende 2010 Oberarzt der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik am Klinikum Nürnberg und ist jetzt in freier Praxis und als Leiter des Institutes für Hypno-analytische Teiletherapie InHAT tätig. Weiterbildung u. a. in Traumazentrierter Psychotherapie und Ego-State-Therapie; aktuelle Arbeitsschwerpunkte in Theorie und Praxis: Borderline -Störungen, Trauma-assoziierte und dissoziative Störungen. www.jochenpeichl.de www.teiletherapie.de
Leseprobe
Einleitung: Teile-Therapie als eine innovative Form der Hypnoanalyse Haben Sie schon aus der neusten T-Shirt-Auswahl der amerikanischen Firma Zazzle für die Innere-Kind-Anziehtherapie geordert? Outerwear for You and Your Inner Child from My Inner Child Custom T-shirts on Zazzle! In sechs verschiedenen Größen für nur 29,90 $? Die Werbung verspricht: Heal your inner child with humor - inner child clothing therapy! If your inner child needs therapy; what better way that giving the inner child a voice and a humorous one at that? Check out these ribtickling tees to help express your inner child! Is your inner child hungry? Sleepy? Naughty? Lonely? Start your inner child healing with humor, and let the world know which with these hilarious tee shirts. Rund um den Begriff 'Innere Kindarbeit' hat es nach meiner Überzeugung in den letzten Jahren viele Missverständnisse und Vereinfachungen gegeben, die diese Idee von der Polyphonie unserer Seele wie eine weitere Anleitung zum Glücklichsein erscheinen ließen. Das Schlagwort 'Inner Child' führt bei Google zu 7 250 000 Einträgen, und erst die 328 000 Hits bei Google pictures geben in etwa einen Eindruck, in was wir da hingeraten sind: die esoterische Vermarktung einer ehemals ehrenwerten psychotherapeutischen Hypothese über die Seele des Menschen. Da gibt es bei Amazon von Shaina Noll die CD: 'Songs for the Inner Child' oder 'Lullabies for Your Inner Child' von Wiebke Reinhardt für nur 21,99; oder die Einladung zum: 'Inner Child All Day Retreat' bei Jane Russo für 40 $ pro Person ('You can bring food and we can order out for Chinese [not included in cost]') oder auch Wellnessreisen ins 5-Sterne-Hotel auf Ko Samui mit 'Entdecke dein Inneres Kind'. Nein darum soll es in diesem Buch nicht gehen. Die drei größten Zumutungen stelle ich gleich an den Anfang des Buches: 1. Das Innere Kind hat nicht nur eine wertvolle Seite und braucht, wenn traumatisiert, unsere Unterstützung und Empathie, es hat auch eine dysfunktionale Schattenseite. 2. Das 'Innere Kind' gibt es gar nicht, da lebt kein Kind in uns, nur 'kindliche Bewusstseinszustände', die wir besser als Ich-Zustände oder Ego-States bezeichnen. 3. Der ganze amerikanische Rummel hat nichts mit dem zu tun, was ich Ihnen in diesem Buch vermitteln möchte. Folgendes liegt mir am Herzen: Ich möchte die Diskussion um die Hypnoanalyse mit diesem Buch neu beleben. Was soll darunter verstanden werden? Der Begriff 'Hypnoanalyse' wurde 1940 erstmals von J. A. Hadfield für eine Methodenkombination aus kathartischer Hypnose und Nacherziehung verwendet (zit. nach Kinzel 1993, S. 151). Er benutzte den Begriff Hypnoanalyse, um zu beschreiben, wie er Veteranen aus dem Ersten Weltkrieg behandelte, die unter traumabedingten Amnesien litten. Robert Lindner (1944) verband in seinem Buch 'Rebel Without a Cause: The Hypnoanalysis of a Criminal Psychopath' Psychoanalyse mit Hypnose und beschrieb darin die innovative Methode, die er entwickelt hatte. Auch Lewis R. Wolberg (1945) benutzte Hypnoanalyse als Ergänzung zur Psychoanalyse, um gegenwärtig unbewusste Impulse und Zwänge ins Bewusstsein zu bringen und um Widerstände schneller zu umgehen. Bernhard Gindes (1951) diskutierte in einigen Publikationen über die Wirksamkeit des hypnoanalytischen Ansatzes, um Widerstände in der freien Assoziation, die unter der Psychoanalyse auftraten, zu durchbrechen. Das Interesse an der Hypnoanalyse scheint bei vielen Kollegen zum einen mit dem Wunsch nach Beschleunigung der unendlichen Psychoanalysen zu tun zu haben, zum anderen der Erfahrung zu entspringen, dass traumatisierte Menschen besser mit einer Kombination aus Hypnose und Redekur zu behandeln wären. Auch John und Helen Watkins argumentieren mit den ungewöhnlich langen Behandlungszeiträumen in der Psychoanalyse und 'der ernsten ökonomischen Krise' (Watkins 1997/2003, S. 15), denen sich Therapeuten durch die langen Therapieverläufe ausgesetzt sehen, da im amerikanischen Krankenversicherungssystem die Kosten nur minimal übernommen werden. Sie schreiben: 'Die Hypnoanalyse hat gezeigt, dass sie die Zeitdauer einer analytischen Behandlung signifikant verkürzen kann. Eine intensive Therapie der Ich-Zustände - wobei es sich um eine Erweiterung der Hypnoanalyse handelt - bietet einen wirksamen Ansatz, der die Therapie dauer noch mehr verringert und der innerhalb von acht bis zwölf Stunden [] häufig dauerhafte strukturelle Persönlichkeitsveränderungen bewirkt und zur Lösung lebenslanger Störungen führt' (ebenda). Wie dem auch sei - die von John und Helen Watkins in den 70erJahren des letzten Jahrhunderts entwickelte Ego-State-Therapie steht, wie Luise Reddemann schreibt, 'auf drei Beinen: der Psychoanalyse, der Hypnose und den Erkenntnissen über dissoziales Verhalten von Janet' (Reddemann 2007, S. 104) und gilt heute als die konsequente Weiterführung hypnoanalytischer Konzepte hin zu einer eigenständigen Therapieform. Ego-State-Therapie hat sich aus einem 'Kreuzungsprodukt' zweier Schulen - Psychoanalyse und Hypnose - zu einer kreativen und innovativen Therapieform weiterentwickelt, die heute vor allem im Bereich der Therapie von traumaassoziierten Störungen Anwendung findet. Aber es ist Zeit, einen Schritt weiterzugehen! Viele Konzepte der Ego-State-Therapie, wie ich sie noch durch meinen Lehrer Woltemade Hartman, einem persönlichen Schüler von John und Helen Watkins, erfahren habe, bedürfen heute der Revision. So groß Paul Federns Verdienste für die Ego-State-Theorie auch sein mag - er war ein Schüler Sigmund Freuds und Vorsitzender der Mittwochsgesellschaft im Wien der 1920er-Jahre -, eine Ich-/Selbsttheorie, die mit der Triebtheorie und der Energiebesetzung aus der Entstehungszeit der Psychoanalyse argumentiert, ist heute schon lange überholt und wissenschaftlich nicht mehr haltbar. Warum John Watkins, der in den 60er-Jahren als Analytiker in Chicago ausgebildet wurde und bei Eduardo Weiss, einem Schüler von Paul Federn, eine Lehranalyse macht, die Ego-State-Theorie nicht durch modernere Auffassungen, wie die Objektbeziehungstheorie oder die Selbstpsychologie von Heinz Kohut, modifizierte, sondern am dualistischen Triebparadigma festhielt, bleibt mir rätselhaft. Gerade die sogenannte 'Britische Objektbeziehungstheorie' um William R. D. Fairbairn (1889 - 1964), Harry Guntrip (welcher Freuds Theorien als biologistisch und inhuman kritisierte), John D. Sutherland und Donald Winnicott hätten viele Ansatzpunkte gegeben, die 'Einpersonen-Psychologie' der klassischen Ego-State-Theorie hin zu einer beziehungsorientierten 'ZweipersonenPsychologie' zu erweitern. Ich werde darauf im 4. Kapitel näher eingehen und über sinnvolle Weiterentwicklungen nachdenken. Ein weiterer Punkt ist der Gebrauch des Begriffs 'Dissoziation' im Ego-State-Modell des Ehepaars Watkins. In ihrem Verständnis der Gliederung von psychischen Prozessen und der Herausbildungen von einzelnen Krankheitsbildern ist in Abgrenzung zu Piere Janet das sogenannte Differenzierungs-Dissoziations-Kontinuum wegweisend. Dieses Kontinuum - auch Neodissoziationsmodell genannt - postuliert eine natürliche innere Aufteilung des Ich einer Persönlichkeit in einzelne Ich-Zustände mit Zunahme der Abgrenzung (Dissoziationsbarriere) vom linken zum rechten Pol (siehe dazu Abbildung 2-3 auf Seite 47). Auf der rechten Seite der Übergangsskala finden wir die normale Differenzierung bei 'normalen und gut angepassten' Individuen, dann einen Bereich des Gebrauchs von Dissoziation als Abwehr (neurotisch) und auf der rechten Seite die pathologische Dissoziation mit dem Extremfall der 'Multiplen Persönlichkeit'. Dieses kontinuierliche (quantitative) Modell der Dissoziation nach James und Prince (1905) ist für mich durch die bahnbrechenden Arbeiten von van der Hart, Ellert Nijenhuis und Kathy Steele über die Strukturelle Dissoziation zumindest ernsthaft infrage gestellt. Wie wir beide Ideen sinnvoll verbinden können, wird im 5. und 10. Kapitel erläutert werden. Ein weiterer wichtiger ... Leseprobe
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Ein Modell für die Praxis