Beschreibung
Das Buch - erklärt anschaulich Regeln und Vorgehensweisen der traumabezogenen Spieltherapie; - macht die Arbeit an Bindungs- und Gewaltschäden im Therapieverlauf deutlich; - vermittelt die neuesten neurophysiologischen Erkenntnisse. Zielgruppe: KindertherapeutInnen KinderärztInnen ErzieherInnen SozialpädagogInnen HeilpädagogInnen
Autorenportrait
Dorothea Weinberg, Diplom-Psychologin, Magister der evangelischen Theologie, ist als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin tätig. Sie arbeitet in eigener Praxis in Nürnberg mit dem Schwerpunkt Trauma- und Bindungstherapie. Sie ist in der Weiterbildung für KindertherapeutInnen, Pflegeeltern und Erzieher tätig und hat zwei erfolgreiche Fachbücher zur Kinder-Traumatherapie geschrieben. Sie finden weitere Informationen über Dorothea Weinberg unter: www.dorothea-weinberg.de
Leseprobe
Ein Wort zum Anfang Dieses Buch basiert auf meinem früheren Buch 'Traumatherapie mit Kindern' (2005). Vieles aus diesem Buch wird hier nicht mehr wiederholt, sondern vorausgesetzt. Dies bezieht sich insbesondere auf die allgemeine Trauma-Neurobiologie des Kindesalters und auf die Strukturierte TraumaIntervention. In den Jahren nach der Erstveröffentlichung hat sich das Konzept der traumabezogenen Spieltherapie so enorm weiterentwickelt und präzisiert, dass es hier in einer wesentlich ausgereifteren Form dargestellt werden kann. Diese dynamische Entwicklung liegt im Wesentlichen an dem permanenten fachlichen Diskurs mit Hunderten von erfahrenen KindertherapeutInnen in meinen Kursen und an meiner langjährigen ehrenamtlichen Arbeit in Dom Duga, dem bosnischen Säuglings- und Kleinkinderheim von 'Schutzengel-gesucht e.V.'. Die Bindungsinterventionen, die ich für Dom Duga entwickelt und vielfach erfolgreich angewendet habe, flossen in meinen Blick auf meine misshandelten und missbrauchten, zum Teil schwer deprivierten Therapiekinder in Nürnberg ein: Wie könnte ich ihnen helfen, traumatische Bindungen zu lösen und stattdessen Bindungssicherheit aufzubauen? Die Ideen dazu habe ich in meiner Praxis erprobt, überprüft und weiterentwickelt. Dadurch kamen sie allmählich auch in die Fortgeschrit-tenen-Kurse und wurden dort präzisiert. Der Theorieteil des vorliegenden Buches befasst sich mit der Störungsgenese in den ersten Lebensjahren durch passive (Deprivation und Unterlassung) und aktive Schädigung (wie Misshandlungen, sexueller Missbrauch) und deren Auswirkungen in späteren Krankheitsbildern der Seele, des Geistes, des Verhaltens und der körperlichen Entwicklung. Dieser erste Teil des Buches ist zuweilen anstrengend, sodass ich Laien empfehle, mit dem therapiepraktischen zweiten Teil zu beginnen und sich erst allmählich durch den ersten Teil durchzuarbeiten. Angesichts unserer aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung, die es mittels vorgeschobener Gründe - nämlich der angeblichen Förderung des Sozialverhaltens und der kognitiven Entwicklung von Kleinstkindern - propagiert, die Jüngsten unter uns zu institutionalisieren und damit ihr biologisches Bedürfnis nach Bindung zu vernachlässigen und zu frustrieren, ist es fast zu befürchten, dass wir zukünftig Bindungsschäden in der jüngsten Generation innerhalb ganz normaler Familien vorfinden werden. Ein Zyniker würde jetzt sagen: 'Ist doch prima! Geht uns trotz sinkender Geburtenzahl nicht die Arbeit aus!' Mich macht es aber wütend! Ganz herzlich danken möchte ich Thomas Hensel für seine langjährige und unermüdliche Unterstützung - auch und gerade in kritischen Momenten meines Weges als Therapiepionierin! Er und meine Kollegin und Mitarbeiterin Heidi Zorzi sowie meine Schwester Gunhild Vestner haben viel von ihrer knappen Zeit investiert, um mein Manuskript zu studieren und mir Anregungen und kritische Rückmeldungen zu geben. Danken möchte ich auch meiner Tochter Hannah, die mir ihr Bild 'Licht der Welt' für das Buchcover überließ! Ihnen allen meinen herzlichen Dank!! Erläuterung: Bellinda ist die zweite Tochter einer Mutter mit einer komplexen Entwicklungsstörung nach Frühtraumatisierung und einer darauf aufbauenden schweren Persönlichkeitsstörung. Diese Frau spaltete generell gut und böse und auch in Bezug auf ihre Töchter. Sie war zwanghaft reinlich und ordentlich, und während die ältere Tochter jegliche kindliche Impulsivität und Spontanität aufgegeben hatte, konnte sich die kleine Bellinda nicht so anpassen. Bellinda war schon als Kleinkind eine Kämpferin: für Gerechtigkeit und gegen ihre irrsinnige Mutter. Obwohl sie so für ihre gesunden kindlichen Ansprüche gekämpft hat, sind ihr doch alle kindlichen Fähigkeiten darüber abhanden gekommen: Bellinda hatte in ihren ersten sechs Lebensjahren nie spielen dürfen und es auch später nicht entdeckt. Sie hatte nie Freunde haben dürfen und konnte später keine gesunden sozialen Netze aufbauen. In ihr war alles Vertrauen in die Welt zerschlagen worden, und alle Liebe und Bemühen konnten das nicht rückgängig machen. Hinter ihrem ungezügelten, oft aggressiven Verhalten verbarg sich eine abgrundtiefe Einsamkeit. 2. Konzept der Traumabezogenen Spieltherapie (tSt)in seiner Weiterentwicklung Einführung Die tSt ist keine fest umrissene manualisierte Behandlungsform, sondern eine sich organisch entwickelnde Behandlungsmethode, die zunächst aus meinen psychotherapeutischen Ausbildungen, Erfahrungen und traumatherapeutischen Veränderungsversuchen entstanden ist. Kaum aber, dass ich diese neuen behandlungsmethodischen Ansätze in meine ersten traumatherapeutischen Fortbildungen für KollegInnen eingebracht hatte, musste ich daraus ein Konzept machen. Auf diesem ersten tSt-Konzept und auf der damals schon manualisierten Strukturierten Trauma-Intervention fußend, entstand dann mein erstes Buch 'Traumatherapie mit Kindern' (2005). Seitdem haben viele hundert KollegInnen im Rahmen meiner Fortbildungen mit mir zusammen dieses Konzept weiterentwickelt und fassbar gemacht. Denn durch die kritischen Nachfragen, die fallbezogenen Supervisionen und Workshops wird unsere Sprache immer präziser, die Problempunkte in der Umsetzung werden offenbar und können dann eben auch geknackt werden, und neue Fälle geben immer wieder auch Anstöße für konzeptionelle Weiterentwicklungen 49. Außerdem habe ich das erweiterte Behandlungsrepertoire systematisiert, sodass der Anwender sich jetzt leichter orientieren kann und den Überblick behält. Die Systematisierung des Methodenrepertoires der traumabezogenen Spieltherapie wird am Ende dieses Kapitels erfolgen. In diesem Prozess von Lehre, Anwendung und Weiterentwicklung hat sich herausgestellt, dass das Verständnis der Regeln und der Ebenentrennung die absoluten Voraussetzungen für die Funktionstüchtigkeit der tSt ist. Zuweilen glauben KollegInnen, dass diese Dinge ja 'kalter Kaffee' sind - in den Rollenspielen im Zuge der Fortbildungen stellt sich dann aber heraus, dass sie ein ganz anderes Verständnis davon haben, nämlich üblicherweise ein wesentlich 'imaginativeres', viel weniger sinnfälliges. Die Folge davon ist, dass die kleinen Patienten viel zu wenig zur Ruhe kommen und dementsprechend die impliziten Interventionen nicht wirklich klappen - und man erst recht kaum jemals zu den expliziten Interventionen übergehen kann. Weil es jedoch von entscheidender Bedeutung ist, dass die Kinder zur Ruhe kommen, sich in das sicher geführte und geregelte Spiel mit einem klar erkennbaren Erwachsenen fallen lassen und so zu ihren eigentlichen Themen kommen können, möchte ich diese Voraussetzungen im Folgenden möglichst anschaulich erläutern. Auch bezüglich der expliziten Interventionen hat sich einiges weiterentwickelt, denn sie konnten jetzt fast alle aufgrund der vielfachen Anwendungserfahrungen manualisiert werden (s. Anhang) und bieten dadurch inzwischen mehr Sicherheit für Durchführung und Wirkungsweise. Das heißt also, dass zusätzlich zur Strukturierten TraumaIntervention/STI (Weinberg, 2005) jetzt auch das explizite Arbeiten mit Spaltungen und die Rekonstruktion von Traumabildern, das Traumspiel und die beiden Bau-Instruktionen manualisiert dargestellt werden. Da es bei den expliziten Interventionen immer um konfrontatives Arbeiten an der Traumabiografie geht, ist dort gegen das erhebliche Heilungspotenzial auch immer das mögliche Schädigungsrisiko abzuwägen. Ich denke, dass die nun erfolgte Manualisierung diesbezüglich einen großen Fortschritt bedeutet, indem sie Patienten wie Therapeuten einen starken Halt bietet. Unter dem Gesichtspunkt des Schädigungsrisikos sind die impliziten Interventionen, obwohl deren Anwendung ja hoch komplex, vielschichtig, spontan und immer stark intuitiv ist, übrigens wesentlich sicherer. Denn dadurch, dass wir mit den Kindern innerhalb einer starken Regelstruktur auf der zweiten Realitätsebene symbolisch spielen, erfahren sie einen massiven Reizschutz gegen mögliche Trigger und erleben keine Retraumatis... Leseprobe
Inhalt
Ein Wort zum Anfang 9 I. Die Diagnose 11 1. Begriffsklärung 11 1.1 Developmental Trauma Disorder - DTD (Traumabedingte Entwicklungsstörung) 13 1.2 Komplexe Entwicklungsstörung nach Frühtraumatisierung (KEF) 14 1.3 Anamneseerhebung 16 1.4 Verhaltensbeobachtung 18 1.5 Täuschung als vierteStressreaktion 20 1.6 Die Symptomatik der Komplexen Entwicklungsstörung nachFrühtraumatisierung 24 1.6.1 Bindung 25 1.6.2 Biologie 34 1.6.3 Affektregulation 35 1.6.4 Dissoziation / kortikale Integration 41 1.6.5 Verhaltenskontrolle 54 1.6.6 Kognition 57 1.6.7 Selbstkonzept 58 1.6.8 Sexualität 60 1.7 Die Biologie der Komplexen Entwicklungs störung nach Frühtraumatisierung 66 1.7.1 Ein verhaltensbiologisches Entwicklungsmodell der Frühtraumatisierung 67 1.7.2 Das rechte Hirn und seine frühe Entwicklung 70 1.7.3 Der Nervus Vagus 75 1.7.4 Hypo und Hyperarousal: Die Neurotransmitter 78 1.7.5 Hirnorganische Veränderungen 81 1.7.6 Immunbiologische und gesundheitliche Aspekte 84 1.7.7 Genetik und Epigenetik 87 1.8 Die gesellschaftlichen Kosten 88 II. Kindertherapie 93 1. Bindungstherapie 94 1.1 Dyadentherapie bei Kleinstkindern in Dom Duga (Bosnien) 94 1.2 Therapie von Bindungsschäden bei älteren Kindern 105 1.2.1 Dyadentherapie mit der »Baut-dem-Kind-Instruktion« 105 1.2.2 Auflösung einer traumatischen Bindung mithilfe der expliziten Arbeit mit Spaltungen 108 1.2.3 Klärung und Überwindung des Misstrauens 114 2. Konzept der Traumabezogenen Spieltherapie (tSt) in seiner Weiterentwicklung 117 2.1 Die Regeln 120 2.2 Trennung der ersten von der zweiten Realitätsebene 120 2.3 Die therapeutischen Funktionen innerhalb der tSt 132 2.4 ImpliziteInterventionen 133 2.4.1 Der Aufbau von Sicherheit im Therapiezimmer 133 2.4.2 Der Aufbau guter innerer Instanzen 135 2.4.3 Das implizite Arbeiten mit Spaltungen 136 2.4.4 Integration des Todesthemas 144 2.5 Sechs explizite Interventionen zur Traumaverarbeitung 145 2.5.1 Explizites Arbeiten mit Spaltungen 146 2.5.2 Explizite Abfuhr von Aggressionen 147 2.5.3 Rekonstruktion und Überwindung von Traumabildern 148 2.5.4 Das Traumspiel 153 2.5.5 Wunscherfüllende Spiele und Geschichten 156 2.5.6 Die Strukturierte Trauma-Intervention (STI) 158 2.6 Zusammenfassung: Systematik der Traumabezogenen Spieltherapie 159 3. Affektregulation bei Aggressions durchbrüchen und Opposition 161 4. Dissoziationspsychologische Implikationen 164 5. Körpertherapeutische Implikationen 168 III. Therapieverläufe 172 Felix, 10 Jahre 172 Karola, 13 Jahre 175 Rudi 8 Jahre 183 IV. Einwirken auf das System 191 1. Erziehung in der fünften Dimension traumabedingter Projektion 191 1.1 Elterntraining 195 1.2 Elternals Detektive 203 1.3 Konsequenzen setzen 204 2. Sicherheit geben 210 2.1 Sicherheitund Liebe geben - Perrys Mama P 210 2.2 Sensorische Stimulation zu Hause 211 2.3 Anleitungstatt Verunsicherung 212 2.4 »Ichbin ein Fehler auf dieser Welt« 214 3. Leibliche Familien 215 4. Jugendamt 217 5. Polizei und Gerichtsbarkeit 218 V. Anhang 220 1. Die »Baudir. .!«Instruktion 220 2. Die »BautdemKind!«Instruktion 221 3. Explizites Arbeiten mit Spaltungen 224 4. Rekonstruktion und Überwindung von Traumabildern 228 5. Diaphragmatisches Atmen zur Selbstberuhigung / Affektregulation 2 30 6. Das Spiel mit der heißen Kartoffel ( Mobbingprophylaxe) 232 Abkürzungsverzeichnis 233 Literaturverzeichnis 234
Schlagzeile
Unerlässliche Hilfe für schwer geschädigte Kinder