Beschreibung
Sie heißen Otto und Merckle, Braun oder Beisheim. Ihre Unternehmen sind weltweit bekannt und erfolgreich. Sie gehören zu den reichsten und mächtigsten Menschen im Land. Dennoch weiß man so gut wie nichts über diese »SchattenReichen«.
Autorenportrait
Der Wirtschaftsjournalist Ulrich Viehöver lebt und arbeitet in Stuttgart. Er ist zudem als Redaktionscoach und Ausbilder im Bereich des Journalismus tätig und hält Seminare und Vorlesungen zu diversen journalistischen Themen. 2003 erschien von ihm im Campus Verlag Der Porsche-Chef.
Leseprobe
VorwortGegen Heuschrecken und VampireDer wahre Reichtum an Firmen gerät hierzulande aus dem Blickfeld. Einseitig beherrschen börsennotierte, anonyme Kapitalgesellschaften und ihre (angestellten) Topmanager ungestört das Feld. Dabei haben sie kaum noch Erfolge vorzuweisen. Über ihre Schwächen kann auch das täglich verwirrend, weil widersprüchlich inszenierte Börsengeschehen nicht mehr hinwegtäuschen. Leider lassen sich viele Politiker bereitwillig von den tonangebenden Konzernen und ihren geschmeidigen Lobbyisten um den Finger wickeln. All das führt zu einer Schlagseite bei den Gesetzen. So ist es kein Zufall, dass die Regierenden das Steuer- und Gesellschaftsrecht stark zugunsten von Börsen und Aktiengesellschaften verändert haben. Doch die dafür versprochenen Millionen von Jobs oder die blühenden Firmenlandschaften lassen auf sich warten. Im Gegenteil: Gerade Aktiengesellschaften bauen jetzt Stellen ab und vernichten durch ihr verheerendes Missmanagement Milliardenwerte. Zu bereitwillig geben die Vorstände dem Druck hemmungsloser Börsenspieler nach, gerade den unersättlichen Spekulanten- und Hedgefonds. Und vom Infarkt der Kapitalmärkte um das Jahr 2001 und der Götterdämmerung bei den Banken haben sich viele Gesellschaften und Aktionäre lange nicht erholt. Stattdessen versagen die kapitalen Konzerne und ihre Manager als Unternehmer zusehends. Das Rezept "Börsenkapitalismus für alle", so viel steht fest, ist wie schon in den 1920er Jahren und Ende des 20. Jahrhunderts die eigentliche Krankheit.Das Gegenstück sind Familienunternehmen. Die Alternative zeichnet sich dadurch aus, dass die Eigentümer entweder direkt im Betrieb arbeiten oder zumindest ihr Management konsequent kontrollieren. Und in aller Regel besteht eine ausgeprägte innere Bindung der Familie zu "ihrer" Firma. Das Unternehmen spiegelt sogar ein Stück der Sippe auf der sozialen und persönlichen Ebene wider.1 Von dieser besonders hohen Identifikation der Eigner mit ihrer Firma können sogar auch die Mitarbeiter profitieren. Nämlich dann, wenn die über Generationen hinweg zäh verteidigte Selbstständigkeit die Familie und ihren Betrieb sozusagen immunisiert hat, unbedacht allen möglichen Moden und Beratertrends zu folgen oder gar der Hetzjagd hysterischer Spekulanten zu erliegen. Die Firmenpolitik ist eher langfristig auf Sicherheit angelegt. Ihre Inhaber machen sich mehr Gedanken über neue Produkte, kennen ihre Kunden recht genau und erschließen zusätzliche Märkte, anstatt zu resignieren und auf Kosten der Belegschaft aufzugeben oder zu verscherbeln. Auch in der heutigen Zeit vermeiden viele inhabergeführte Betriebe Entlassungen, so weit es geht, weil sie diesen Schritt als persönliche Niederlage empfinden würden. Und trägt der Betrieb den Namen der (Gründer-)Familie, dann treten die Eigentümer noch leiser auf. Diese Vorsicht führt dazu, dass selbst riesige Familienkonzerne öffentlich kaum wahrgenommen werden. Anders als in den USA ist es unter den Superreichen hier nicht Sitte, mit Geld und Vermögen zu protzen. Lieber bleiben ihre Imperien im Verborgenen. Oft nimmt die Öffentlichkeit die Firmen erst wahr, wenn deren Clans sich streiten oder verkaufen und dadurch unrühmlich Schlagzeilen machen. Dann werden sie meist pauschal mit allen Familienbetrieben in einen Topf geworfen und als "verstaubt", "altmodisch" oder "Auslaufmodell" abqualifiziert. Doch solche Verallgemeinerungen - für viele der Familienunternehmen mögen sie schon längst nicht mehr zutreffen - verkennen sowohl die reale Bedeutung der Unternehmen als auch deren Dynamik.Deutschlands unbekannte Schatten-Reiche sind in Wirklichkeit ein gewaltiger Machtfaktor. Sie setzen in der Summe Billionen um und geben Millionen Menschen Arbeit. Auch allein übt jede Firmengruppe einen beträchtlichen Einfluss aus. Dieser ist sowohl durch ihre Führungsrolle in einer angestammten Branche - meist international - begründet als auch durch die Rolle als maßgeblicher Arbeitgeber am jeweiligen Firmensitz. In ihren Heimatregionen gelten die Unternehmerdynastien bei Behörden und Politikern oft als kleine (große) Könige. Zudem betätigen sich zahlreiche Clanmitglieder in Wirtschaftsverbänden, Kammern, in der Lokalpolitik oder in kirchlichen Organisationen. Und fast jede Familie der Superreichen unterhält eine oder mehrere Stiftungen für soziale, kulturelle, medizinische, ökologische oder pädagogische Wohltaten. Auch diese üben mit ihren Gaben subtil, aber sicher Einfluss aus. Viele Traditionsunternehmen genießen an ihren Stammsitzen über ihre Position als wichtige Arbeitgeber hinaus aufgrund ihres finanzkräftigen Engagements in der Bevölkerung großes Ansehen. Andere engagieren sich überregional, und nehmen somit zugleich Einfluss auf Politik und Gesellschaft in diesem Land. Beispiele hierfür sind die Bertelsmann Stiftung oder die von Otto Beisheim gestiftete private Hochschule. Für die Öffentlichkeit jedoch bleibt dieser Einfluss meist unsichtbar. Sehr weit geht da Mohns Bertelsmann Stiftung. So beansprucht der Millionen-Trust des Großverlegers, Gesellschaft und Politik im eigenen Interesse gestalten zu dürfen. Auch die von Metro-Gründer Beisheim gestiftete erste private Hochschule Deutschlands will politisch verändern - ein Exempel, das bei Milliardärsfamilien emsig Schule macht. So wissen die Großunternehmen ihr Gewicht in der Arbeitgeber- und Branchenlobby zu nutzen und ihre Interessen gezielt durchzusetzen. Vor allem bei ihren Geschäften vermögen die Clans geschickt aus dem Hintergrund ihre Schatten-Reiche zu erweitern.Da passt es ins Bild, dass der in Sonntagsreden gepriesene "Mittelstand" (was immer das sein mag) ein blinder Fleck in der Wissenschaft ist. Wer nämlich bei Hochschulen und Universitäten Konkretes über Familienunternehmen erfahren will, geht meist leer aus. Lediglich die - private - Universität Witten / Herdecke (Nordrhein-Westfalen) unterhielt bis vor kurzem noch ein Institut (Hauptsponsor: Deutsche Bank), das bedeutende Familienbetriebe erforschte und einige davon systematisch analysierte. Und nur sehr wenige Berater oder Privatfirmen wie die Akademie für Familienunternehmen Intes oder das Institut für Mittelstandsforschung (beide Bonn) kümmern sich regelmäßig und gezielt um diese Szene. Dankenswerterweise waren sie auch dem Autor bei seinen Recherchen behilflich. Im Übrigen stochern Deutschlands Wissenschaft und Politik mangels sicherer Datenbasis im Nebel. Dabei wäre es längst an der Zeit, die sich wacker schlagenden Schatten-Reiche der Wirtschaft auszuleuchten, um sie kennen zu lernen. In diese Bresche springt dieses Buch. Es verfolgt die Absicht, so erfolg- wie einflussreiche Großunternehmen, ihre Clans und ihre Geschichte sowie ihre individuellen Überlebensrezepte zu beschreiben, um die Diskussion aktuell zu bereichern.An geeigneten Kandidaten herrscht dabei kein Mangel. Der Geldadel hierzulande besteht aus nahezu einer Hundertschaft von Reichen mit einem Firmenvermögen ab einer Milliarde Euro aufwärts. Und die meisten Clans gestalten ihre Unternehmen aktiv und halten intern zusammen - wesentliche Kriterien für die Auswahl. Indes, die Milliardärsdynastien dominieren vorwiegend in typischen Branchen des Mittelstandes, also im Handel und Verlagswesen, bei Spezialitäten (Pharma, Medizintechnik), im Anlagen- und Maschinenbau sowie als Zulieferer. Bemerkenswert ist, dass die Reichsten der Reichen Händler oder Verleger sind. Um nun eine vielfältige und zugleich charakteristische Auswahl an Unternehmen zu treffen, werden hier Betriebe diverser Wirtschaftszweige mit recht unterschiedlichen Kulturen und Traditionen vorgestellt, deren Produkte und Marken uns im Alltag vielfach begegnen. Die Namen sind mal mehr, mal deutlich weniger bekannt, über die Sippen selbst weiß man jedoch oft nicht viel. Aus dieser Auswahl entstand ein Club mit zwölf starken Dynastien, alle Multimilliardäre, die stark in ihrer Tradition verhaftet sind. Die folgenden Kapitel beschreiben und analysieren diese "Hidden Champions", die großen Unbekannten der deutschen Oberliga. Zwar haben auch diese Vermögensmilliardäre an einigen Stellen mit Problemen zu kämpfen, aber sie schlagen sich dennoch über lange Zeiträume betrachtet in wirtschaftlicher Hinsicht durchweg mit Erfolg. Diese Durchhaltekraft sichert dem Club der Einfluss-Reichen ihre eigentliche Macht. Selbstverständlich ist in Familienbetrieben nicht alles Gold was glänzt, weshalb auch die negativen Seiten in diesem Buch angesprochen werden. Dennoch, alles zusammen - Ausdauer, Einigkeit und Verantwortungsbewusstsein - scheint ein dauerhaft wirksames Rezept gegen lästige Heuschrecken und Vampire, die anonyme Gesellschaften überfallen und am Ende nur Leere zurücklassen. Familienunternehmen dagegen erfüllen zunehmend eine volkswirtschaftlich stabilisierende Funktion. Kein Wunder also, dass das Interesse der Öffentlichkeit an dieser ursprünglichsten Form der Privatwirtschaft langsam erwacht - willkommen im Club.Stuttgart, im Januar 2006Ulrich Viehöver
Inhalt
InhaltVorwort: Gegen Heuschrecken und Vampire71.Merckle Die frommen Gipfelstürmer112.Boehringer Tue Gutes und schweige besser493.Beisheim Metro-Gründer Professor Dr. h. c. Multimilliardär714.Haniel Oligopole in Familienhand915.Freudenberg Familie mit geschichtlichem Gewissen1166.B. Braun Der Marathon-Mann der Medizintechnik1407.Mohn Die Gutmenschen aus Gütersloh1698.Henkel Persil und Pattex halten sauber den Clan zusammen1929.Haub Ein stiller Riese von der Ruhr21810.Sal. Oppenheim Europas Geldadel lassen bitten23611.Röchling Die Saardynastie erlebt die zweite Wiedergeburt 26112.Otto Mäzene mit hanseatischem Geschäftssinn283Anmerkungen307Literatur 313Register315
Schlagzeile
Wer das Geld hat, hat die Macht"
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