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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783552052963
Sprache: Deutsch
Umfang: 384 S.
Format (T/L/B): 3.5 x 21 x 14 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Eigentlich hatte der junge Mann nur eine kurze Reise nach Afrika machen wollen, aber dann war er neunzehn Jahre geblieben. Statt in Uppsala sein Jurastudium zu beenden, verfolgt er in Lusaka ehrgeizige Reformpläne. Doch schließlich rät ihm der Mann, den er für seinen einzigen schwarzen Freund hält, für immer fortzugehen. Das "Auge des Leoparden" ist ein spannender und nachdenklich stimmender Roman über jenen fremden und exotisch reizvollen Kontinent, der uns von "Jenseits von Afrika" bis "Nirgendwo in Afrika" verzaubert hat. Henning Mankells persönlicher Erfahrung verdanken wir erneut ein mitreißendes Buch.

Autorenportrait

Facebookseite von Henning Mankell (englisch)

Leseprobe

Der Tod ist in Afrika immer gegenwärtig«, sagt Werner Masterton. »Ich weiß nicht, woran es liegt. An der Hitze, an allem, was hier verwest, an den Afrikanern, bei denen die Wut gleich unter der dünnen Haut verborgen liegt. Es braucht hierzulande nicht viel, um eine Menschenmenge aufzuwiegeln, und dann erschlagen sie jeden, der ihnen in die Quere kommt, mit einer Keule oder einem Stein.« »Dennoch leben Sie beide hier«, sagt Hans Olofson. »Vielleicht gehen wir nach Rhodesien«, antwortet Werner Masterton. »Aber ich bin schon vierundsechzig. Ich bin müde, habe Probleme beim Pinkeln und schlafe schlecht. Vielleicht hauen wir trotzdem ab.« »Wer würde die Farm kaufen?« »Vielleicht sollte ich sie in Brand stecken.« Sie kehren zu dem weißen Haus zurück. Wie aus dem Nichts taucht ein Papagei auf und setzt sich auf Hans Olofsons Schulter. Anstatt Bescheid zu sagen, daß seine Weiterreise nach Mutshatsha sich erübrigt hat, betrachtet er den Papagei, der nach der Naht seines Hemds hackt. Manchmal ist Feigheit meine auffallendste Charaktereigenschaft, denkt er resigniert. Ich traue mich nicht einmal, Menschen die Wahrheit zu sagen, die mich überhaupt nicht kennen. Die tropische Nacht senkt sich wie ein schwarzes Tuch herab. Die Dämmerung ist nicht mehr als ein flüchtiger, eilig entschwindender Schatten. Er hat das Gefühl, daß die Dunkelheit ihn in die Vergangenheit zurückversetzt. Auf der großen Terrasse, die sich über die gesamte Vorderseite des Hauses erstreckt, trinkt er Whisky mit Ruth und Werner Masterton. Sie haben sich gerade erst mit ihren Gläsern niedergelassen, als das Licht von Autoscheinwerfern über den Weiden flackert, und er hört das Ehepaar Vermutungen darüber anstellen, wer das sein könnte. Ein Wagen hält unterhalb der Terrasse, und ein Mann unbestimmten Alters kommt zu ihnen hinauf. Im gedämpften Licht der Petroleumlampen sieht Hans Olofson, daß der Mann rote Brandwunden im Gesicht hat. Sein Schädel ist völlig kahl, und er trägt einen schlechtsitzenden Anzug. Er stellt sich als Elvin Richardson vor, Farmer wie die Mastertons. Wer bin ich, denkt Hans Olofson. Eine zufällige Reisebekanntschaft aus dem Nachtzug von Lusaka nach Kitwe? »Viehdiebe«, sagt Elvin Richardson und läßt sich mit einem Glas in der Hand schwer auf einen Stuhl fallen. Hans Olofson hört zu, als wäre er ein Kind, das gebannt einem Märchen lauscht. »Gestern nacht haben sie unten bei Ndongo den Zaun durchschnitten«, fährt Elvin Richardson fort. »Ruben White haben sie drei Kälber gestohlen. Die Tiere wurden an Ort und Stelle geschlachtet. Die Wachposten haben wie üblich nichts bemerkt. Wenn das so weitergeht, müssen wir Patrouillen organisieren und ein paar Diebe erschießen, damit sie sehen, daß wir es ernst meinen.« Die Konturen schwarzer Diener sind in den Schatten auf der Terrasse zu erkennen. Worüber reden die Schwarzen, fragt sich Hans Olofson. Wie beschreibt Louis mich, wenn er mit seinen Freunden am Feuer zusammensitzt? Hat er meine Unsicherheit bemerkt? Wetzt er ein Messer, das ganz allein für mich bestimmt ist? Schwarze und Weiße scheinen sich in diesem Land nicht miteinander zu unterhalten. Ihre Welt ist gespalten, es fehlt an gegenseitigem Vertrauen. Über den Abgrund hinweg werden Befehle erteilt, das ist alles. Er verfolgt das Gespräch und stellt fest, daß Ruth Masterton aggressiver ist als ihr Mann. Während Werner meint, daß sie noch abwarten sollten, ist sie dafür, gleich zu den Waffen zu greifen. Er zuckt zusammen, als einer der schwarzen Diener sich über ihn beugt, um sein Gla Leseprobe