Beschreibung
Liebhaber von Kriminalromanen mit italienischen Schauplätzen bekommen ein neues Ziel: Kommissar Laurenti ermittelt in Triest, das durch seine geographische Lage zur brisanten Schnittstelle zwischen Ost und West geworden ist. "So ein Mann hat uns noch gefehlt zum Trio wider den tödlichen Ernst: Brunetti, Wallander, Laurenti." Ellen Pomikalko
Autorenportrait
Homepage von Veit Heinichen
Leseprobe
Kurz vor 13 Uhr verließ Proteo Laurenti das Kommis- sariat. Er trat aus dem Schatten und den dunklen Fluren des Gebäudes mit den stumpfen Steinböden hinaus in die gleißende Mittagssonne. Es waren fünfunddreißig Grad im Schatten, und die Hitze traf ihn wegen der hohen Luftfeuchtigkeit wie ein dumpfer Schlag. Dennoch entschied sich Laurenti gegen den Wagen. Er ließ ihn meistens stehen, wenn er im Zentrum zu tun hatte. Die ewige Parkplatzsuche kostete unnötig Zeit und die fast überall fällige Parkgebühr war ihm lästig. Er ging lieber zu Fuß, dann wußte er, daß er pünktlich ankam. Andere fuhren mit dem Motorroller, was noch schneller war. Doch noch ein weiteres Fahrzeug und noch ein Schlüssel mehr hätten ihn restlos überfordert. Er vergaß schon jetzt oft genug, wo er den Wagen geparkt hatte, und hatte er ihn endlich gefunden, stand er häufig ohne Schlüssel davor. Außerdem regte er sich ständig über die Zweiräder auf, wenn sie sich an den Ampeln in Horden links und rechts an ihm vorbei nach vorne drängten. Die Stadt war voll von diesen Dingern, und es wurden ständig mehr. Widerlich! Gelegentlich kam es sogar vor, daß sich die Fahrer an seinem Auto abstützten. Reiner Anarchismus. Bereits Vierzehnjährige schossen wie geschulte Kamikaze- Piloten zwischen den Autos durch, von den alten Zauseln gar nicht zu reden. Alte Säcke auf Motorrollern, Greise auf dem Weg zur Grube. Selbst wenn er die Sirene seines Dienstwagens einmal kurz aufheulen ließ, hatte das wenig Wirkung. Ohne die verschriebene Brille ist wohl auch das Hörgerät nicht zu finden. Laurenti fuhr nicht gern. Das war für ihn verschwendete Zeit, in der er nichts anderes tun konnte, als sich auf den Verkehr zu konzentrieren. Manchmal blieb sein Wagen mehrere Tage unbenutzt auf dem reservierten Parkplatz oder sonst wo stehen, und wenn er ihn endlich wiedergefunden hatte, war er von einer dicken Staubschicht bedeckt, die auf einer Staubschicht lag, die wiederum. Er hatte den Wagen noch nie waschen lassen. Laurenti spielte oft mit dem Gedanken, den Dienstwagen gegen die Fahrbereitschaft einzutauschen. Aber auch das paßte ihm nicht, weil ihm grundsätzlich jede Minute des Wartens zu lang vorkam. Seine Assistentin zu bitten, sie möge einen Wagen anfordern, war ihm schon zuviel. Außerdem war er ein miserabler Beifahrer, was Laura manchmal zur Weißglut treiben konnte.Sein Mobiltelefon klingelte, als er hinter San Antonio die Via della Torre hinunterging, wo die Schwarzen standen und Gürtel, abenteuerlich aussehende Uhren, Feuerzeuge und Sonnenbrillen mit grünen oder roten Gläsern verkauften. Gab es ein Leben vor dem Mobiltelefon? Proteo Laurenti meldete sich und sah gleichzeitig auf die Armbanduhr. Es war 13 Uhr, und es waren nur noch wenige Schritte zu "Da Primo". "Proteo, ich bin's, Laura!" Endlich meldete sie sich. "Wo bist du?" "Ich bin mit Ettore zum Mittagessen verabredet. Hör mal, ich habe mehrfach versucht, dich zu erreichen. Weißt du eigentlich, daß deine Tochter sich zur Miss Triest bewirbt?" "Und warum regt dich das auf?" Laura kannte den Tonfall ihres Mannes gut. "Weil ich nicht will, daß meine Tochter aller Welt ihre Titten zeigt und ihren Arsch. Deswegen!" Laura wußte es also und hatte ihm nichts gesagt. "Ist es zuviel verlangt, daß man so etwas zuerst zusammen bespricht? Normalerweise redet die Familie Laurenti über solche Dinge", maulte Proteo, "und verheimlicht nichts. Auch wenn es nicht auf Beifall stößt." "Livia ist einundzwanzig, Proteo! Sie kann machen, was sie will! Du übertreibst wirklich." "Überhaupt nicht! Ich habe nicht die geringste Lust, sie in den nächsten Wochen im >Piccolo< oder wo auch immer ganzseitig halbnackt zu sehen Leseprobe