Beschreibung
Neun Jahre nach seiner ersten großen Weltreise ist Theo ein junger Mann, der sich aktiv für den Umweltschutz engagiert. Mit seiner Tante Marthe bricht er zu einer weiteren Reise auf, die ihnen den katastrophalen Zustand der Erde unbarmherzig vor Augen führt: Müllberge, abgeholzte Regenwälder, verschmutzte Gewässer und vieles mehr. Aber sie begegnen auch Menschen, die diese zerbrechliche Welt schützen wollen. Ein aufrüttelndes Abenteuer!
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Autorenportrait
Catherine Clément, geboren 1939 in Paris, studierte Philosophie, arbeitete bis 1964 als Lehrerin und danach vierzehn Jahre als wissenschaftliche Assistentin an der Sorbonne. Anschließend war sie u.a. Kulturredakteurin für die Pariser Tageszeitung "Le Matin" und veröffentlichte zahlreiche Romane, Essays zur Psychoanalyse und Anthropologie. Heute lebt sie in Paris.
Leseprobe
Theo? Hörst du mich?' Und wenn die Stimme aus dem Jenseits gekommen wäre - ich hätte sie wiedererkannt. Meine verrückte, liebe Tante Marthe. Man könnte meinen, sie hätte getrunken, aber das ist nicht ihre Art; trotzdem klingt ihre Stimme schwach - oder der Anruf kommt wirklich vom Ende der Welt, aus Sydney, Manila oder Wellington... Noch ganz verschlafen werfe ich einen Blick auf den Wecker: drei Uhr morgens. Panisch richte ich mich auf. Tante Marthe ist zwar exzentrisch, aber nicht so, dass sie mich nur zum Vergnügen aus dem Schlaf reißt. Drei Uhr morgens! Was ist ihr zugestoßen? Von wo aus ruft sie mich diesmal an? Verdammt! Dieses verflixte Telefon, das nie funktioniert! 'Theo, mein Kleiner...Ich bin...Es geht überhaupt... nicht... komm!' 'Hallo? Marthe? Ich kann dich nicht verstehen! Hallo! Red doch lauter!' Es knistert im Telefon, es knackt, dann ist Stille. 'Arre you Misterrr Theo?', fragt plötzlich eine Männerstimme am anderen Ende der Leitung. 'Yourr aunt is verry ill, verry ill, sirr. You must come. She is in New Delhi Memorrial Hospital, rroom 450.' Inzwischen bin ich hellwach. Tante Marthe ist in Indien und todkrank. 'I want to talk to her!' 'She does not speak any morre, sirr. Do come!' Wenn Marthe nicht mehr sprechen kann, geht es ihr wirklich sehr schlecht. Ich darf keine Minute verlieren. Unterhosen, Strümpfe, Jeans - ob sich Marthe eine Typhuserkrankung geholt hat? Nein, das kann man gut behandeln. Hemd, Jacke - vielleicht Denguefieber? Cholera? - meine Uhr, Turnschuhe, Notebook, Pass. Lungenpest? Die taucht in Indien in Abständen von zwanzig Jahren auf. Klingeling, den Rechner einschalten, komm, mach schon, schneller, her mit der Maus, so, jetzt! Internetverbindung. Online-Ticket-Buchung... Nächster Flug ab London, Air-India, 12 Uhr 15. Da habe ich gerade noch Zeit, hier in Paris in den nächsten Eurostar zu springen, um nach London zu kommen. Ich erledige vier Telefonate und hinterlasse drei Nachrichten. Eine im Krankenhaus, eine bei 'Ärzte ohne Grenzen', meiner Organisation, eine weitere bei Fatou, eine bei meiner geliebten Bozicka. Dreimal stoße ich auf Anrufbeantworter - bei Bozicka ist das merkwürdig! Nur meine beste Freundin Fatou ist drangegangen, sie hat mich in meiner Entscheidung bestärkt. Ich nehme meinen Rucksack - er steht immer fertig gepackt bereit - und gönne mir noch zehn Minuten für einen Kaffee. Um fünf Uhr morgens steige ich aufs Fahrrad und radle zur Gare du Nord. Es ist saukalt, normal für Januar. Seitdem Tante Marthe in der Region Nordeste in Brasilien lebt, habe ich sie nicht oft gesehen. Wie nicht anders zu erwarten war, hat ihr brasilianischer Mann sie immer in seiner Heimatstadt Recife festgehalten; ich kenne sie und habe mir immer einen großen exotischen Schmetterling vorgestellt, der mit gewaltsam auseinander gefalteten Flügeln auf ein Holzbrett gepiekst wurde - zeig, wie schön du bist, Marthe! Als ich klein war, erschien sie bei jedem Besuch bei uns als jemand anderes: gekleidet als Tibeterin, als jakutische Schamanin mit dickem Pelzumhang, als Vodun-Priesterin, mit weißen Halsbändern, blauem Turban - sie kam von den erstaunlichsten Orten der Welt, immer hinreißend und immer ein bisschen pummelig. Pummelig ist sie immer noch, alles Übrige hat sich verändert. Seit ihrer Heirat mit Brutus Carneiro Da Silva trägt sie unechte Chanel-Kostüme und vergoldete Kettchen, ganz bestimmt nur, um ihrem Mann zu gefallen. Plötzlich trug sie malvenfarbenen Lidschatten und Perlen um den Hals, die zu dick waren, um echt zu sein. Sie war nicht mehr ganz die Tante Marthe, die ich liebte, die Tante Marthe mit uneingeschränkter Bewegungsfreiheit - aber wenn sie glücklich damit ist, warum nicht? So dachte ich mir das jedenfalls. Bis zu dieser ersterbenden Stimme am Telefon. Neun Jahre ist es jetzt her, dass die Ärzte mich aufgegeben hatten und sie mir das Leben rettete, indem sie mich auf eine wahnwitzige Weltreise entführte. All ... Leseprobe