Beschreibung
»Die Urlaubslektüre des Jahres!« New York Magazine »Brunonia Barry kann schreiben. Oh Mann, kann die schreiben. Sie weiß, wie man die Leser fesselt und sie darin hindert, das Buch zur Seite zu legen. Sie weiß, wie man Figuren funkeln lässt und wie man eine Stadt zum Leben erweckt in all ihrer Pracht und all ihrer Bedrohung. Sie weiß, wie man Tempo in eine Handlung bringt. Das ist nicht nur ein vollendetes Erstlingswerk, es ist ein vollendetes Werk.« Globe and Mail »Ein unglaubliches Debüt. Diesem Wirbelsturm einer Geschichte gelingt es, die historischen, übernatürlichen und psychologischen Elemente aufs Beste zu verbinden.« Kirkus Reviews
Autorenportrait
Brunonia Barry, geboren und aufgewachsen in Massachusetts, studierte Literatur am Green Mountain College in Vermont und an der University of New Hampshire. Sie verbrachte ein Jahr in Dublin, um sich intensiv mit James Joyces Meisterwerk »Ulysses« zu befassen. Barry war Mitbegründerin der Portland Stage Company und arbeitete jahrelang als Drehbuchautorin in Kalifornien. Inzwischen lebt Brunonia Barry mit ihrem Mann in Salem, Massachusetts. Ihr Romandebüt »Die Mondschwimmerin«, das sie zunächst im Selbstverlag publiziert hatte, wurde dank Mundpropaganda ein sensationeller Erfolg. Es wurde in über 20 Länder verkauft und stand wochenlang auf den ersten Plätzen der New York Times Bestsellerliste.
Leseprobe
Ich heiße Towner Whitney. Nein, das ist nicht ganz richtig. Mein wirklicher Vorname lautet Sophya. Glauben Sie mir bloß kein Wort. Ich lüge andauernd. Weil ich nämlich verrückt bin. Das ist allerdings die Wahrheit. Mein kleiner Bruder Beezer, ein weitaus freundlicherer Mensch als ich es bin, behauptet, das mit dem Verrücktsein sei genetisch bedingt. Seit fünf Generationen haben wir Verrückte in der Familie, sagt er, als wäre das eine besondere Auszeichnung, auf die er stolz sein kann. Aber er gibt auch zu, dass ich dabei wahrscheinlich ganz neue Höhen erreicht habe. Bis ich daherkam, bezeichnete man in der Stadt Salem Leute wie die Familie Whitney wohlwollend als schrullig. Gehörte man zum alten Geldadel von Salem, hieß es niemals, man sei verrückt, selbst wenn das Geld längst weg war. Man konnte als ungewöhnlich gelten oder gar als komischer Kauz, aber das absolute Lieblingswort für so eine Befindlichkeit war zweifellos schrullig. Die männlichen Whitneys waren über Generationen hinweg allesamt berühmt für ihre Schrullen: von den See- und Industriekapitänen bis hin zu meinem kleinen Bruder Beezer, der sich in Wissenschaftlerkreisen mit seinen Artikeln über Teilchenphysik und die Stringtheorie einen Namen gemacht hat. Unser Ururgroßvater schlug Kapital aus seiner Obsession für Damenfüße und machte eine steile Karriere als Industriekapitän in der florierenden Schuhindustrie von Lynn. Er gründete einen Betrieb, der über die Generationen bis zu meinem Großvater G. G. Whitney vererbt wurde. Unser Urururgroßvater, der es auch schon zum Kapitän gebracht hatte, hatte eine Schwäche für den Duft von Zimt, die manche als zwanghaft betrachteten. Er baute schließlich eine Gewürzhandelsflotte auf, die um die Erde segelte und Salem zu einem der reichsten Häfen der Neuen Welt machte. Trotzdem würde jeder eingestehen, dass es die Frauen in der Familie Whitney waren, die das mit der Schrulligkeit immer wieder auf die Spitze getrieben haben. Meine Mutter May zum Beispiel ist ein lebender Widerspruch in sich. Als überzeugte Einsiedlerin hat sie (ihre Festnahmen ausgenommen) ihr Haus auf Yellow Dog Island seit zwanzig Jahren kaum verlassen. Trotzdem hat May es geschafft, die lange brachliegende Herstellung von Klöppelspitze wieder zu beleben und damit berühmt zu werden. Einen beträchtlichen Ruf erwarb sie sich dadurch, dass sie misshandelte Frauen und Kinder aufnahm und deren Leben eine Wende gab, indem sie die Frauen bei sich in der Spitzenklöppelei beschäftigte und die Kinder selbst unterrichtete. Dabei war sie eine Frau, die unter fürchterlicher Agoraphobie litt und eines ihrer eigenen Kinder in einem Anfall von Großzügigkeit ihrer unfruchtbaren Halbschwester Emma gab, weil, wie sie es damals ausdrückte, »eine Not bestand« und sie selbst außerdem gleich mit zweien gesegnet worden war. Meine Großtante Eva, die mir mehr eine Mutter ist, als May es je war, ist genauso seltsam. Mit über achtzig Jahren führt Eva noch ihr eigenes Geschäft. Man kennt sie als Bostoner Brahmanin und als Hexe von Salem, obwohl sie in Wirklichkeit weder das eine noch das andere ist. Eigentlich ist Eva Unitarierin der alten Schule, mit einem Hang zum Transzendentalismus. Sie zitiert die Bibel in einem Atemzug mit Emerson und Thoreau. Aber seit ein paar Jahren drückt sich Eva nur noch mit Hilfe von Sprichwörtern und Redensarten aus, als könnte sie sich durch ausgediente Metaphern irgendwie von den unausweichlichen Folgen lossagen, die vorherzusagen sie bezahlt wird. Eva betreibt seit fünfunddreißig Jahren einen Teesalon für Frauen und erteilt den wohlhabenden Kindern von der Küste nördlich Bostons erfolgreich Benimmunterricht. Wofür Eva jedoch in Erinnerung bleiben wird, ist ihre geradezu unheimliche Fähigkeit, in Spitze zu lesen. Aus aller Welt kommen Leute zu Eva, um sich von ihr weissagen zu lassen. Sie kann Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ziemlich gut deuten, einfach indem sie einem die Klöppelspitze vor das Gesicht hält und die Augen zukneift. Auf die Leseprobe
Schlagzeile
Titel erscheint lt. Verlag am 11.05.09