Beschreibung
Es ist eben nicht so, dass ein Satiriker von Rang sich immer und grundsätzlich über alles und jeden lustig machen müsste. Wiglaf Drostes Liebeserklärungen an das Kino, an Del Piero, an Tom Petty, Van Morrisson, an Bernd Pfarr und seinen Sondermann, an Wilhelm Busch, Loriot oder James Krüss jedenfalls sind zauberhafte Preziosen, denen man des Autors tiefe Verbundenheit ansieht. Aufdringlichen Zeitgenossen allerdings - etwa dem Biker an sich - wird Entsprechendes mit auf den steinigen Weg gegeben: 'Dem Biker ist noch die fieseste Dose Bockwurst vorzuziehen.' Auch Nicolas Sarkozy, diese ehrgeizgetriebene 'Disziplinleistung auf Beinen (auf kurzen Beinen, muss man im Sinne der Wahrheitsfindung hinzufügen)', ja sogar die Elster als der 'Skinhead der Lüfte' bekommen in diesem Band gnadenlos ihr Fett weg. Viel Vergnügen!
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Autorenportrait
Wiglaf Droste, geboren 1961, lebt in Berlin. Für seine Kolumnen in der taz und im Kritischen Tagebuch beim WDR erhielt er 2003 den Ben-Witter-Preis. 2005 wurde Wiglaf Droste mit dem Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis geehrt. In der Begründung der Jury heißt es unter anderem: "Mit Blick auf die deutsche Literaturgeschichte sind Vergleiche zu Autoren wie Robert Gernhardt oder Kurt Tucholsky angebracht und begründbar. Droste hat seine Vorgänger jedoch nicht kopiert, sondern einen eigenen, unverwechselbaren Ton gefunden. Seine kompromisslosen, häufig mit zynischem Gestus vorgetragenen Satiren und Glossen sind sprachliche Kabinettstückchen von hohem literarischen Rang."
Leseprobe
Leseprobe Pfefferminz mit Sibiriengeschmack DER 13. AUGUST IST BILLY-WILDER-TAG: Man muss "Eins, Zwei, Drei" kucken. Die tragenden Säulen des deutschen Humors heißen "Lachen ist gesund", "Spaß muss sein" und "Hier hört der Spaß auf". Dieses dunstige, morastige Terrain gilt es unbedingt zu meiden. Besser lernt man bei den aus Deutschland entronnenen Komödienmeistern Ernst Lubitsch und Billy Wilder, dass nichts ist, was zu sein es scheint, schon gar nicht das sogenannte Gute. Als Billy Wilder 1961 seine rasante Komödie "Eins, Zwei, Drei" drehte, war das Brandenburger Tor noch offen. Als aber der Film in die Kinos kam, war die Berliner Mauer frisch errichtet. Das deutsche Publikum tat, wozu es fähig ist, wenn es mit Humor, also mit heucheleifreier, rücksichtsloser Klarsicht konfrontiert wird: Es nahm übel. Der Film verschwand und kam erst 24 Jahre später wieder ins Kino. So lange dauerte es, bis Deutsche bereit waren, die komischen Aspekte ihres Nationalgeteiltseins überhaupt wahrzunehmen. Allerdings blieb die Ernstnehmerfraktion, die in der Existenz zweier deutscher Staaten ausschließlich eine Tragödie und eine Katastrophe sehen wollte, stets in der Mehrheit. "Eins, Zwei, Drei" beginnt mit einer Einordnung der historischen Bedeutung dessen, was in Westdeutschland als Schandnabel des Universums galt. Die Welt aber ist erheblich größer: Am 13. August 1961 fand in Washington ein Baseballspiel der Yankees gegen die Senators statt. D a s war ein Ereignis, aber doch nicht der kleine Mauerbau. Auch nach geschätzten hundertmal Ankucken ist "Eins, Zwei, Drei" ein Geysir der hellen Freude und eine Lektion in Sachen Tempo, Timing und Dialogwitz. Was für ein Ideenreichtum, was für eine verschwenderische Liebe zum Detail - mit dem, was Billy Wilder hier an Einfällen verbriet, müssen unsere neuen gesamtdeutschen Komödien sonst locker 50 Jahre lang auskommen. Billy Wilder bewahrt Haltung und schlägt sich keinem Lager zu; sein Film beleuchtet die Peinlichkeiten auf allen Seiten. Und davon gibt es, zur Freude des Betrachters, jede Menge. Ausnahmslos alle Hauptbeteiligten lügen und betrügen, um ihre Ziele zu erreichen; unsympathisch werden sie dadurch nicht. Die Welt ist ein Irrenhaus; wer sich darin behaupten will, muss das wissen und entsprechend handeln. Die Ostdeutschen "marschieren, um gegen das Marschieren zu demonstrieren", eine 17-jährige Amerikanerin in Westberlin urteilt: "Die Umstürzler können's am besten, gar kein Vergleich!" Ihre ältere Gastgeberin seufzt: "Und ich dachte, wir wären nur in der Raketentechnik zurück!" Der Gatte, Chef der Westberliner Filiale von Coca Cola, muss jeden Morgen seinen deutschen Angestellten das Gehorcheraufspringen untersagen und tut es so drastisch wie verzweifelt: "Sitzen machen!" Einen ständig die Hacken zusammenknallenden Untergebenen mit selbstverständlich abgestrittener Mitläufervergangenheit lässt Wilder dennoch den großen Satz sagen: "Die Herren Kommunisten sind eingetroffen." Ein junger ostdeutscher Parteigänger rettet eine Amerikanerin vor der Verhaftung, weil sie "eine typisch bourgeoise Schmarotzerin" und "die verfaulte Frucht einer korrupten Zivilisation" sei. Die 17-Jährige aus Georgia ist hingerissen: "Natürlich habe ich mich gleich in ihn verliebt." Und sieht selbstverständlich auch ein, dass ihre reichen Eltern leider liquidiert werden müssen. Die wollen erst mal mit dem Flugzeug in Berlin landen - was aber nur gelingen kann, "wenn diese Dreckskommunisten es nicht abschießen!" Kapitalismus ist "ein toter Hering im Mondenschein: er glänzt, aber er stinkt"; "Russland ist da zum Weglaufen, nicht zum Hinfahren", denn im Kommunismus droht jedem Selbstdenker schließlich die Haft bei Väterchen Frost, "und das Einzige, woran er sich wärmen kann, ist der heiße Atem der Kosaken". Bestürzend Ähnliches gilt auch für die Gegenseite: "Atlanta ist Sibirien mit Pfefferminzgeschmack." Kurz: Es ist alles ganz und gar wahr. Kein richtiges Leben gibt es im falschen, keinen Ort, nirgend