Beschreibung
"Pfingsten" versteht sich als Fortsetzung der Bände zu Weihnachten und Ostern in dieser Reihe. Was diese Bücher auszeichnet, ist ein interdisziplinärer Zugang zu den christlichen Hochfesten. So versammelt auch der vorliegende Band exegetische, liturgische, theologische, ethnologische und sprachwissenschaftliche Beiträge. In den letztgenannten liegt der Fokus auf dem Verhältnis zwischen den Aussagen über Sprache am Anfang der Genesis (Paradies und Babel) und auf dem Sprachwunder in der Apostelgeschichte bis hin zur künstlichen Intelligenz.
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Leseprobe
Textprobe: Kapitel: Ambrosius und Carlo Borromeo: zwei Bischöfe für einen Ritus: Mit 355 fängt die arianische Zeit der Kirche in Mailand an, die grundsätzlich bis zur Wahl des römischen Konsuls Ambrosius zum Bischof andauern wird. Als Konsul war Ambrosius zuständig für die Provinzen von Liguria und Aemilia mit Amtssitz eben in Mailand. Dass die Leitung der Mailänder Ortskirche unter dem arianischen Bischof Aussentius nicht in Übereinstimmung mit den Konzilen der Großkirche und mit der römischen Kirche stand, bedeutete aber nicht, dass notwendigerweise auch das christliche Volk der Stadt insgesamt die häretische Position des Bischofs teilte: "Während der Zeiten von Aussentius bleibt das christliche Volk von Mailand in seinem Glauben orthodox. Zugleich gesellen sich aber viele Christen, um des Friedens willen, zu den Häretikern - was eine notwendige Voraussetzung war, um Zugang zu ihren alten Kirchen noch haben zu können." Nach dem Tod von Aussentius (374) wird Mailand von einem heftigen Streit zwischen dem arianischen und dem orthodoxen Lager erschüttert, was zu einem Eingreifen des römischen Konsuls Ambrosius führt. In den Zeiten von Aussentius hatte Ambrosius eine sehr geschickt ausbalancierte Haltung gegenüber den zwei kirchlichen Streitparteien eingenommen (obwohl er selbst orthodoxer Christ war - wie auch seine Schwester in Rom, eine geweihte Jungfrau, die sich höchstwahrscheinlich im vertrauten Kreis von Papst Damasus aufhielt). Diese strategische Politik der Mitte bzw. des Dazwischen ließ seine Legitimation und Autorität unter der Mailänder Bevölkerung erheblich wachsen. An einem Tag, damit die streitende Menge beruhigt würde, sah er sich gezwungen, das Wort in der Hauptkirche von Mailand zu ergreifen, um wieder Ruhe in der Stadt zu schaffen. Was er damals den Leuten gesagt hat, wissen wir nicht - wohl aber kennen wir die Folgen jener Ansprache. Ambrosius trat als römischer Konsul über die Schwelle der Hauptkirche, heraus kam er als Bischof von Mailand - von der christlichen Volksmenge per Akklamation dazu gewählt. Zu der Zeit, als Ambrosius zum Bischof gewählt wurde, gab es mindestens vier lateinische Riten, die sich vom Ritus der römischen Kirche unterschieden, und zwar wie folgt: die gallikanische Liturgie, die in der damaligen römischen Provinz Gallien gefeiert wurde; die mozarabische Liturgie in den spanischen Gebieten; die keltische Liturgie, die den christlichen Kirchen in Irland und Schottland eigen war; und die Mailänder Liturgie in Norditalien. Über die ersten drei liturgischen Formen im IV. Jahrhundert haben wir kaum Auskunft. Einige Informationen über die Liturgie, welche die Mailänder Kirche in dieser Zeit feierte, können wir dagegen aus den Schriften des Ambrosius entnehmen. Es fällt nicht in den Rahmen dieses Beitrags, Kennzeichen und Entwicklungen der ambrosianischen Liturgie darzustellen; einige Andeutungen müssen deshalb reichen. Schon zu Zeiten von Ambrosius sah z. B. die Mailänder Taufliturgie - im Unterschied zum römischen Ritus - die Fußwaschung der neu gesalbten Christen/innen vor. Die Fastenzeit fing nicht am Aschermittwoch, sondern mit dem darauf folgenden Montag an. (Es war dann Carlo Borromeo, der den Beginn der Fastenzeit für den ersten Sonntag nach dem römischen Aschermittwoch festlegte.) Der größte Beitrag von Ambrosius zur Mailänder Liturgie betrifft die Musik und die Hymnologie, beide stark von der byzantinischen Spiritualität bzw. Liturgie beeinflusst: "Die von Ambrosius eingeführte musikalische Erneuerung von 386 bestand vor allem darin, dass das Singen in den liturgischen Versammlungen nicht nur Sache von Solisten oder dem Chor war, sondern dass alle teilnehmenden Menschen am Singen beteiligt waren."