Schindlerdeutsche
Ein Kinotraum vom Dritten Reich
Initiative Sozialistisches Forum/Bindseil, Ilse/Geisel, Eike u a
Erschienen am
31.12.1994, 1. Auflage 1994
Beschreibung
»Schindlers Liste« ist ein knallhartes Stück Kulturindustrie. Denn der Film spiegelt dem Publikum exakt das zurück, was das gesunde Volksempfinden über den Faschismus schon immer sich dachte. Er demonstriert, was alle sowieso schon wissen, als herzergreifende Erkenntnis, inszeniert es als Aha-Erlebnis, das man im wohltuenden Dunkel des Kinos, allein und doch gesellig, genußvoll nachbeben kann. Endlich Anschauungsunterricht: Erlebt werden darf, daß die ziemliche Ausnahme Oskar Schindler (der im besten Moment seines Lebens - obwohl er es selbst niemals verstanden hat - kein Deutscher war und kein Kapitalist, sondern ein Mensch) niemand anderer ist als der regelrechte Deutsche, der da im Kino tränt. Der aufs Peinlichste verkitschte Schluß des Films läßt dann die verwegensten Träume wahr werden, indem der gute Deutsche Oskar Schindler seine Karriere als Stammvater von 6000 Juden beendet. In dieser Wendung erreicht der omnipotente Retter, als den der Regisseur seinen Helden agieren läßt, den Höhepunkt seiner Karriere - nach dem Tohuwabohu seiner Lehr- und Wanderjahre kommt der Held zur Ruhe. So kommt der Bildungsroman zum Ende - nicht ohne dem Publikum noch die eine Frage mit auf den Heimweg zu geben: Wie um alles in der Welt werden wir jemals soviel Geld verdienen können, um im Ernstfall so gut zu sein wie Oskar Schindler?