Beschreibung
Drei Selbstmorde hat es gegeben unter den Arbeitern im Atomkraftwerk. Einer der Toten ist Loïc, Yanns bester Freund, mit dem zusammen er schon seit Jahren als Zeitarbeiter im Rhythmus der jährlichen Wartungen von Reaktor zu Reaktor zieht. 'Neutronenfutter' nennen sich diese Leute selbst, denn für jeden, der wegen zu hoher Strahlenbelastung ausfällt, gibt es sofort willigen Ersatz. Die Arbeiter leben im Wohnwagen oder im Hotel, vereint durch eine gewisse Solidarität, die sich aber bei der fehlenden Arbeitsplatzsicherheit und dem Stress unter der nuklearen Bedrohung schnell verbraucht. Dieser Roman macht die Bedrohung ebenso fühlbar wie die Faszination für das Kraftwerk und die Angst davor. Filhol schreibt in einem nüchternen, lakonischen Stil, der die Atmosphäre unter den Beschäftigten, die physikalischen Prozesse sowie die Arbeitsabläufe kunstvoll verdichtet. Der Reaktor ist auch ein Symbol für die Gesellschaft. Der Roman ist in Frankreich von einem großen Medienecho begleitet und mit dem Prix France Culture Télérama ausgezeichnet worden und war zeitweise auf Platz 6 der französischen Bestsellerlisten.
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Autorenportrait
Elisabeth Filhol wurde am ersten Mai 1965 in Mende, Dépardement Lozère, Frankreich, geboren. Sie hat Wirtschaftswissenschaften an der Universität Paris-Dauphine studiert und im industriellen Sektor als Buchprüferin, in der Leitung des Finanzwesens, in der Wirtschaftsanalyse und als Beraterin von Betriebsräten gearbeitet. Heute lebt sie in Angers. La Centrale ist ihr erster Roman.
Leseprobe
'Okay, sie werden eine gewisse Dosis abbekommen, aber das sieht man nicht, und die Arbeit ist sauber.' Von außen gesehen nichts Beunruhigendes. Die Dampfwolken steigen über den Kühltürmen auf, und die sich über fünfhundert Hektar ausdehnende Anlage ist ein friedlicher Ort. Beeindruckend, aber friedlich. Unter Kontrolle. Ausgehend von diesem ersten Eindruck denkt man, auch drinnen müsste Stille herrschen, am Ort der Arbeit, Stammpersonal, Sicherheit und eine ununterbrochene Produktion, die seit ihren Anfängen nach den immer gleichen Gesetzen abläuft. Drei Selbstmorde in sechs Monaten. Und alle fragen sich, ob hinter der trügerischen Ruhe das System nicht langsam außer Kontrolle gerät, und ob Männer, von denen man vermutete, dass sie die Maschine steuern, künstlich unter Druck gehalten werden, bis sie irgendwann selber Risse bekommen, wie lange kann das so gehen, wann ist der Punkt erreicht, an dem es bricht? Über die Kohäsionskräfte des Atomkerns weiß man nicht besonders viel, aber man testet sie, man erkennt ihre eigentliche Größe erst während des Bombardements der Atome im Herzen des Reaktors, das exakte Maß der Bindungsenergie, wenn der Kern sich spaltet, ein Riss hat sich aufgetan, ein Tabu ist gefallen, durch die Handlung eines Einzelnen, und das führt zu einer Kettenreaktion.