Beschreibung
Das große Debattenbuch - brisant, wegweisend, jetzt wieder im Fokus der Öffentlichkeit Der amerikanische Politologe und Bestseller-Autor Daniel Jonah Goldhagen geht in seinem neuesten Buch der Frage nach, wie Völkermord entsteht, was ihn von anderen gewaltsamen Auseinandersetzungen unterscheidet und was man dagegen tun kann. Dieses Buch wird nicht nur eine internationale Debatte anstoßen, es wird unser Verständnis genozidaler Konflikte für immer verändern. Immer wieder und immer häufiger steht die Weltöffentlichkeit fassungslos vor brutalen Gewaltausbrüchen, die in verschiedenen Erdteilen verübt werden, manchmal in abgelegenen Gegenden in Afrika oder Fernost, manchmal aber auch mitten in Europa. Meist richten Politik und Medien ihre Aufmerksamkeit jedoch erst auf diese Konflikte, wenn das Blutvergießen bereits in vollem Gange ist. Genau hier setzt Daniel Goldhagen mit seinem neuen Buch an. Er nimmt gezielt Ursprung, Verlauf und Folgen derartiger Konflikte in den Blick: Was bringt Menschen dazu, ihre Nachbarn - Männer, Frauen und Kinder - zu töten? Wie beginnt das Morden? Und wie hört es wieder auf? Und warum sehen wir meist tatenlos zu, wenn irgendwo ein brutaler und blutiger Völkermord stattfindet? Goldhagens Buch gibt dem Leser völlig neue Einblicke in die Anatomie des Völkermords und weist Wege, wie die Welt diesem Verbrechen, das noch schlimmer ist als Krieg, zukünftig begegnen kann. Basierend auf einem neuen Verständnis für die Ursprünge und Entwicklungsstufen von Genoziden, zeigt Goldhagen Möglichkeiten auf, wie sich derartige Konflikte frühzeitig erkennen, verhindern oder zumindest eindämmen lassen.
Autorenportrait
Daniel Jonah Goldhagen, geboren 1959, unterrichtete viele Jahre Politologie in Harvard, bis er sich entschloss, sich ausschließlich der Forschung und dem Schreiben von Büchern zu widmen. Bei Siedler erschienen u.a. sein viel beachteter internationaler Bestseller »Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust« (1996), der 1997 von den »Blättern für deutsche und internationale Politik« mit dem Demokratiepreis ausgezeichnet wurde, und »Die katholische Kirche und der Holocaust: Eine Untersuchung über Schuld und Sühne« (2002). Goldhagen ist Mitglied des Minda de Gunzburg Center for European Studies in Harvard.
Leseprobe
Aberhundert Millionen Menschen sind in Gefahr, einem Völkermord oder damit verwandten Gewalttaten zum Opfer zu fallen. Sie leben unter der Herrschaft politischer Regime, denen eine Tendenz zum Massenmord eigen war und ist. In einigen Ländern, etwa dem Sudan, findet gegenwärtig ein Massenmord statt. In anderen, wie Ruanda, wurde das Töten erst kürzlich beendet. In wieder anderen, wie Kenia, schien Massenmord eine reale, wenn auch nicht unmittelbar drohende Gefahr zu sein. Schließlich gibt es Länder, in denen es plötzlich zu Massakern kommen könnte, obwohl keine Warnsignale auf eine unmittelbare Gefahr schließen lassen.Unser Zeitalter, das mit dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts seinen Anfang nahm, erlebte einen Massenmord nach dem anderen, eine Heimsuchung von solcher Häufigkeit und insgesamt solcher Zerstörungsgewalt, dass sich das genozidale Töten als ein Problem erweist, das schlimmer ist als Krieg. Bislang unternahmen die Völker und Regierungen der Welt wenig, um das Massenmorden zu verhindern oder zu beenden. Die Welt von heute ist nicht wesentlich besser als frühere zur Ausrottung dieser größten Geißel der Menschheit gerüstet. Die Belege für dieses Versagen sind zahllos; wir finden sie in Tibet, Nordkorea, im ehemaligen Jugoslawien, im Irak unter Saddam Hussein, Ruanda, im Südsudan, in der Demokratischen Republik Kongo und in Darfur.Individuen, Institutionen und Regierungen, in jeder Region der Erde! Wir haben die Wahl:- Wir können unser verheerendes Scheitern fortsetzen, das aus drei Komponenten besteht: dem Versagen, das Problem entschlossen anzugehen und die wahre Natur des Völkermordes zu erkennen; dem Versagen einzusehen, dass wir aberhundert Millionen Menschen sehr viel effektiver beschützen und das Vorkommen von Massenmorden radikal einschränken können; dem Versagen, uns zu einem Handeln zu entschließen, das von dieser Erkenntnis ausgeht.- Oder wir können uns auf diese Geißel konzentrieren; wir können ihre Ursachen, ihr Wesen und ihre Komplexität, ihr Ausmaß und ihren systematischen Charakter ergründen; und wir können, darauf aufbauend, Institutionen und politische Strategien entwickeln, die zahllose Leben retten und die tödliche Bedrohung aufheben werden, unter der so viele Menschen leben. Wie könnten wir uns nicht für die zweite Möglichkeit entscheiden? EINFÜHRUNGKlärung der Fragen "Eliminationismus", nicht Völkermord Harry Truman, der dreiunddreißigste Präsident der Vereinigten Staaten, war ein Massenmörder. Zwei Mal befahl er, Atombomben auf Städte abzuwerfen. Die erste - eine Explosionsbombe - detonierte am 6. August 1945 über Hiroshima, und die zweite - eine Implosionsbombe - explodierte am 9. August über Nagasaki. Truman wusste, dass jede Zehntausende japanischer Zivilisten töten würde, die in keinerlei Beziehung zu irgendwelchen militärischen Operationen standen und keine unmittelbare Bedrohung für Amerikaner darstellten. Letztlich entschied Truman damit, das Leben von annähernd 300 000 Männern, Frauen und Kindern auszulöschen. Als Truman hörte, die erste Bombe habe Hiroshima vernichtet, frohlockte er: "Das ist das größte Ding der Geschichte". Dann ließ er in Nagasaki ein zweites größtes Ding folgen. Es ist schwer zu verstehen, wie irgendein vernünftiger Mensch das Massaker an harmlosen Japanern nicht als Massenmord bezeichnen konnte.Für Trumans Massaker wurden viele Rechtfertigungen und Entschuldigungen vor allem von amerikanischer Seite vorgebracht. Es sei notwendig gewesen, um den Krieg zu beenden. Es sei notwendig gewesen, um Tausende, womöglich Hunderttausende amerikanische Leben zu retten. Doch wie Truman zu diesem Zeitpunkt wusste und wie ihm seine Berater, auch aus dem Militär, schon vor dem Abwurf der Hiroshima-Bombe gesagt hatten, stimmte beides nicht.Der damalige Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte in Europa und künftige Präsident der Vereinigten Staaten Dwight Eisenhower schreibt in seinen Memoiren: "Während der Minister [Kriegsminister Henry Stimson] mir die wichtigsten Fakten Leseprobe
Schlagzeile
Erscheint lt. Verlag am 03.10.2009