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Anleitung für Simulanten

Reiseführer ins Schummelland, Auroris Taschenbuch

Erschienen am 12.05.2014, 1. Auflage 2014
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783863741532
Sprache: Deutsch
Umfang: 191 S.
Format (T/L/B): 1.6 x 19 x 12 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Sie haben noch nie simuliert? Wirklich nicht? Vielleicht stört Sie nur der Begriff - haben Sie vielleicht schon einmal die Wahrheit ausgeschmückt? Ein bisschen schön gefärbt? Oder Unerfreuliches charmant verborgen? Die vielfältigen Verhaltensmuster des Täuschens und Tricksens, des Herunterspielens und Aufplusterns sind bereits uralt. Auch in der Tierwelt gibt es Simulanten: Weichtiere und Insekten, Fische und Vögel und selbstverständlich unsere nächsten Verwandten, die Affen, verfügen über ein ganzes Arsenal von Finten, um Feinde abzuwehren oder Konkurrenten zu übertölpeln. Doch der Homo sapiens übertrifft dank seines hoch entwickelten Gehirns die tierischen Vorfahren bei Weitem, wie die Autoren - ausgehend von prominenten Fallbeispielen - auf unterhaltsame Weise darlegen. Den speziellen Bereich des Simulierens in der ärztlichen Sprechstunde stellen die drei Autoren augenzwinkernd als Gebrauchsanweisung für Simulanten vor. Und jeder, der möchte, bekommt praktische Tipps für so manches Zipperlein. Mit dieser ironischen Betrachtungsweise soll jedoch das moralische Dilemma von Medizinern und anderen Professionellen nicht übersehen werden, die von Fall zu Fall zu entscheiden haben, ob das Vortäuschen einer Störung angesichts skandalöser Arbeitsbedingungen oder schwer belastender Lebensanforderungen zuweilen nicht sogar zu rechtfertigen ist Die Anleitung für Simulanten richtet sich an Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Schüler und Lehrer, Mediziner und Patienten, Hochstapler und Tiefstapler - und zeigt nicht zuletzt, wie sehr wir alle in eine Kultur der Täuschung verstrickt sind.

Produktsicherheitsverordnung

Hersteller:
Mankau Verlag GmbH
Raphael Mankau
kontakt@mankau-verlag.de
Pfarrgasse 1
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Autorenportrait

Prof. Dr. Gisbert Roloff studierte Pädagogik in Essen und Psychologie in Münster. Er lehrte und forschte in Münster und München in den Bereichen Hirn und Verhalten, Aggression und Gewalt, Strafvollzug und Resozialisierung. Neben fachwissenschaftlichen Publikationen konzipierte er Trainingsprogramme für erzieherische Berufe. Dr. Andrzej Angielczyk absolvierte seine Facharztausbildung als Orthopäde und Internist in Lodz und Warschau. Als Solidarnosc-Aktivist flüchtete er 1982 in die Bundesrepublik Deutschland, wo er an den Universitätskliniken Köln und Essen als Facharzt tätig war. Derzeit arbeitet er als selbstständiger ärztlicher Gutachter und Mediator. Priv. Doz. Dr. Barbara Zoeke hat in Köln und Münster Psychologie studiert. Nach Promotion und Habilitation lehrte und forschte sie in Münster, Frankfurt, Würzburg und München. Neben wissenschaftlichen Arbeiten zur Hirnentwicklung und zum Gedächtnis schreibt sie erzählende Prosa. Ihr Roman Bewegliche Labyrinthe ist im Frühjahr 2014 erschienen.

Leseprobe

(Auszug aus dem Kapitel "Simulanten in der ärztlichen Sprechstunde") Wie Sie garantiert beim Täuschen erwischt werden In diesem Zusammenhang gleich einen guten Rat: Wenn Sie Beschwerden schildern, vermeiden Sie fachärztliche Formulierungen; das macht Ärzte zornig. Schließlich ist es deren Aufgabe, die Diagnose zu stellen, nicht Ihre. Unterlassen Sie es also tunlichst, selbst gestellte Diagnosen oder Diagnosen aus einem medizinischen Lexikon zum Besten zu geben. Es ist gut möglich, dass Sie etwas Wichtiges vergessen und sich vor dem Arzt blamieren. So verrät Sie z.B. die folgende Selbst-Diagnose als Simulanten, noch bevor Sie den Satz zu Ende gebracht haben: Herr Doktor, ich leide seit drei Tagen unter tierischer Lumbago, mit Ausstrahlung der Schmerzen in beide Beine bis hin zu den Füßen. Ich kann nicht gehen, stehen, liegen Ein solcher Satz kann einen Arzt wütend machen, bedeutet er doch eine enorme Unterschätzung seiner medizinischen Fachkenntnisse. Am liebsten würde man den Trickser anfahren: Dann gehen Sie doch zum Tierarzt, wenn es Ihnen tierisch wehtut. Aus medizinischer Sicht ist diese Beschreibung vollkommen falsch. Ganz abgesehen davon, dass Sie die Schmerzen einer echten Lumbago, also eines Hexenschusses, kaum drei Tage ohne ärztliche Hilfe verkraften könnten. Lumbago Bei der von Ihnen angegebenen Lumbago handelt es sich um einen akuten Schmerz in der Lendengegend, volkstümlich auch Hexenschuss genannt (lumbus, gleich Lende; aus dem Lateinischen). Dieser Schmerz kann so heftig sein, dass Sie nach einigen Minuten den Rettungswagen rufen. Allerdings: Eine Ausstrahlung des Schmerzes in die Beine, und dann auch noch in beide gleichzeitig: Quatsch! Bei einer Lumbago ist das Nervensystem der Wirbelsäule gereizt, was rein gar nichts mit den Spinalnerven zu tun hat, die aus der Wirbelsäule austreten und den Schmerz in die Peripherie, also z.B. in die Beine, tragen könnten. Sie sagen, dass Sie nicht gehen, stehen, liegen können, aber Sie sind zu Fuß in die Praxis gekommen! Einem Lumbago kommt nicht in die Praxis, sie landet eher in der Rettungsstelle einer Klinik. Also Sie sehen: Besser, Sie verzichten auf medizinische Fachbegriffe. Denn eigentlich müsste der Arzt nach Ihrer Klage sagen: Lieber Patient, was Sie mir hier erzählen, lässt sich mit dem gängigen medizinischen Wissen nicht vereinbaren. Was führen Sie eigentlich im Schilde? Allerdings gilt aus ärztlicher Sicht auch: Jeder Patient ist zum Untersuchungszeitpunkt erst einmal ein großes klinisches Fragezeichen. Vielleicht lauert im Hintergrund eine schwere, noch unbekannte Erkrankung, die zu dieser scheinbar unlogischen Kombination von Beschwerden führt? Infrage kommen zahlreiche organische, aber auch unterschiedliche Störungen im psychischen Bereich. Aus ärztlicher Sicht gilt also stets, mit größter Sorgfalt zu untersuchen und erst dann eine Diagnose zu stellen, wenn alle Befunde vorliegen. Das ist gewöhnlich frühestens beim zweiten Arztbesuch möglich. Ob die Diagnose dann Simulation heißt? Wer kann das bereits bei der ersten Vorstellung wissen? Sie sollten in jedem Fall damit rechnen, dass Fachleute die Glaubwürdigkeit Ihrer Berichte einschätzen können und stillschweigend mit den Untersuchungsbefunden abgleichen. Und Fachleute bemerken auch, ob Sie ungenaue oder unvollständige Angaben machen. (.)

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