Beschreibung
Verständigung zwischen den Laken? Wenn zwei nicht die gleiche Sprache sprechen, nicht dieselben Gesten haben, was anderes zum Frühstück essen, wie soll das dann gehen mit dem One-Night-Stand, mit der Liebe, mit dem Sex? Alles easy, multipel-kulti? Oder doch nicht so einfach? Ohne Rücksicht auf Intimitätsverluste begeben sich junge Autorinnen und Autoren auf das glatte Eis des globalisierten Beischlafs und versammeln leise wie laute, explizite wie weniger explizite Geschichten vom internationalen Austausch. Jamal kommt im Buch übrigens nicht vor, er ist unsere Chiffre für das Fremde in unserem Bett. Jamal kommt aber zu Wort. Denn die AutorInnen sind so vielfältig wie ihre Stories und kommen aus Österreich, der Schweiz, Deutschland oder Slowenien - und sind allesamt 'Zugereiste' im globalen Dorf. Mit Beiträgen von: Stefan Abermann, Thomas Ballhausen, Malte Borsdorf, Nadja Bucher, Michal Hvorecky, Markus Köhle, Jan Kossdorff, Mieze Medusa, Jan Off, Julya Rabinowich, Christoph Simon, Clemens J. Setz, Nadja Spiegel, Andrea Stift, Cornelia Travnicek, Sara Wipauer, u.v.a.
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Leseprobe
Den eigenen Vorurteilen begegnet man meist unvorbereitet und manchmal kann es sein, dass man sie nicht einmal bemerkt. In dem Augenblick, in dem meine fache Hand ihren Platz auf Ismets Brustkorb einnahm, ich die einzelnen Knochen erfühlen konnte, spielten sich in meinem Kopf Bilder aus Hollywoodflmen ab, von verzweifelten, verschleierten Europäerinnen alleine in einem Wohnzimmer in einem namenlosen Land, von verschleppten Kindern, von allem, was jahrelang auf mich eingeprasselt war. Ich hörte Ülfets dreckiges Lachen in meinem Kopf. 'Ein Mensch ist keine Religion, eine Religion ist kein Mensch, ein Mensch ist niemand, bis er dich berührt, ein Mensch ist alles ' Ich schimpfte mich töricht, denn ein Junge wie Ismet war ungefähr so gläubig als Moslem wie der durchschnittliche österreichische Junge ein gläubiger Christ war. Woran denkt man, wenn man mit einem muslimischen Jungen ins Bett geht, außer an seine Schwester? Sollte ich noch Jungfrau sein, warum interessiert mich das eigentlich genau in diesem Moment, was zum Teufel geht das irgendjemanden an, man ist doch niemandem verpfichtet und, verdammt, bin ich da etwa schon wieder auf ein Vorurteil gestoßen und auf wie viele von hundert Fällen muss ein Vorurteil zutreffen, um es aus dem illegalen Status zu holen und zu einem Faktum zu machen und den Rest zur Ausnahme? (C. Travnicek)