Beschreibung
Ein preußischer General, der beim Balletttanzen vor seinem Kaiser im rosa Tutu stirbt; ein Tragödiendichter, der von einer Schildkröte erschlagen wird; ein Gründervater der USA, der sich einen Walknochen in die Harnröhre schiebt; und eine zutiefst grausame Methode, Ehebrecher mit einem Rettich zu bestrafen - das sind einige der Phänomene, die uns im neuen Buch von Jochen Oppermann begegnen. Darin untersucht der Historiker die skurrilsten Sterbefälle der Weltgeschichte und beurteilt ihren Wahrheitsgehalt. Dabei stellt sich heraus, dass viele dieser Ereignisse und Erzählungen kulturhistorisch, manche gar weltpolitisch bedeutende Folgen hatten. Dass manche Episoden auch zum Schmunzeln einladen, versteht sich von selbst. Das Buch zeigt, dass es mit den absurden und kuriosen Todesfällen viel mehr auf sich hat, als es der erste Eindruck vermittelt. Entstehung und Rezeption dieser Geschichten treiben ein aufschlussreiches Wechselspiel. Damit grenzt sich der Band von Büchern ab, die den auf skurrile Art Verstorbenen 'Dummheit' attestieren oder gar einen 'Darwin-Award' zuerkennen möchten.
Autorenportrait
Jochen Oppermann, geboren 1980 in Kaiserslautern, ist Deutsch- und Geschichtslehrer an einer rheinland-pfälzischen Realschule und schreibt unter anderem für das Magazin G/Geschichte. Im Mai 2018 erschien im S. Marix Verlag sein Sachbuch Im Rausch der Jahrhunderte - Alkohol macht Geschichte, das im In- und Ausland für Aufsehen sorgte. Neben Auftritten des Autors und Besprechungen im deutschen Radio und Fernsehen wird das Buch aktuell ins Chinesische übersetzt. Im Juni 2020 erschien bei marixwissen Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71.
Leseprobe
Tennessee Williams begann an der University of Missouri in Columbia Publizistik und Theaterwissenschaften zu studieren, was ihn aber nicht erfüllte. Im Gegenteil. Er langweilte sich und versuchte, mit Gedichten und kleineren Erzählungen Geld zu verdienen. 1930 gelang ihm mit dem Stück 'Beauty is the Word' ein erster beachtenswerter Erfolg (Roudané, S. 15). Doch sein Vater, der den Filius argwöhnisch beäugte, zwang ihn, die Schule zu verlassen und in der Schuhfabrik zu arbeiten. Das setzte beim jungen Tennessee ungeahnte Kräfte frei, da er nun außerhalb seiner Arbeitszeit wie ein Besessener schrieb. Oftmals bis tief in die Nacht. Die Folge war - neben der Entstehung vieler Stücke - ein Nervenzusammenbruch an seinem 24. Geburtstag (ebd.). Er kündigte die Arbeitsstelle in der Schuhfabrik. 1936 schrieb er sich an der Washington University in St. Louis ein, dann im Herbst des folgenden Jahres an der University of Iowa. Nach dem Abschluss schlug er sich mit Gelegenheitsjobs durch und schrieb verschiedene Stücke. Erst mit 'Die Glasmenagerie' gelang ihm im Winter 1944/45 der Durchbruch (Spoto, S. 171). Bis zu diesem Erfolg musste er einige Sorgen 'behandeln'. Er tat das auf jene Weise, wie es andere große amerikanische Autoren auch taten: Er begann zu trinken und Drogen zu nehmen. Damit war er in bester Gesellschaft (vgl. u. a. Goodwin, S. 19 f.). Jedoch bestand sein Grund zum Trinken nicht nur aus den üblichen Existenzsorgen eines freien Schriftstellers, der tagtäglich ums Überleben kämpft, sondern auch in seiner Homosexualität. Die Zeit, in der diese vor allem in Künstlerkreisen kein Problem mehr darstellte, war noch nicht gekommen. Aber auch emotional stürzte sie ihn noch tiefer in die Jagd nach dem alles vergessenden Rausch. Ab 1947 war er mit Frank Merlo (1922-1963) liiert - ein Glücksfall für beide und echte Liebe. Leider riss der Krebs den jungen Merlo viel zu früh aus dem Leben Tennessee Williams (Leverich, S. 7). [] Das Alter machte bei Tennessee Williams so vieles - wie bei jedem - nicht besser. Seine Gesundheit infolge des Drogenkonsums verschlechterte sich rapide und seine Anziehungskraft auf das schwule männliche Geschlecht ließ auch nach. Doch all dies ließ nicht erahnen, welchem Schicksal er am 25. Februar 1983 anheimfallen sollte. An jenem Tag wurde Tennessee Williams in seinem Hotelzimmer im Elyseé in New York tot von seiner Sekretärin aufgefunden. Die Autopsie brachte in seiner Luftröhre einen Plastikdeckel zutage, der als Auslöser des Todes identifiziert wurde. Eine leere Weinflasche und einige Medikamente sprachen für den Verdacht, dass Tennessee Williams Körper nicht mehr jene Reflexe hatte zustande bringen können, die beim Verschlucken eines fremden Gegenstandes normalerweise eintreten (vgl. Daley, 1983). Wie genau aber der Plastikdeckel in die Luftröhre gekommen war, konnte nie abschließend geklärt werden. Für den Zeit seines Lebens sich nirgends zugehörig fühlenden Tennessee Williams konnte es keinen 'normalen' Tod geben. Das war klar. Dass er aber grausam an einem kleinen Plastikdeckel ersticken musste, hätte er als Autor von erfolgreichen Theaterstücken []als übertriebenes Ende abgelehnt.