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Schau heimwärts, Engel

Eine Geschichte vom begrabenen Leben - Roman

Erschienen am 30.03.2009
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783717521822
Sprache: Deutsch
Umfang: 784 S.
Format (T/L/B): 5.4 x 22 x 14.8 cm
Einband: Leinen

Beschreibung

Ein großer Klassiker, im großen Format, in großartiger Neuübersetzung 'Schau heimwärts, Engel' ist eines der legendären Romanepen des 20. Jahrhunderts. Betörend durch die Unmittelbarkeit des Erzählten wie durch eine Sprachkunst, in der schonungsloser Realismus und lyrische Anmut Hand in Hand gehen, gilt es als stilbildend für die moderne amerikanische Erzähltradition bis hin zu Jonathan Franzen. Mit der kommentierten Neuübersetzung kann man Wolfes Meisterwerk nun in seiner ganzen jugendlichen Frische und Kraft wiederentdecken.'Home, sweet home' Doch die Verhältnisse, in die der Romanheld Eugene Gant hineingeboren wird, sind alles andere als heimelig. Ein jähzorniger Alkoholiker der Vater, eine berechnende Krämerseele die Mutter, wird sein Elternhaus im Nu zur Keimzelle zwischenmenschlicher Dramen. Bei aller Erbitterung und Zwietracht der Gants erweist sich ihr Clan aber auch als Hort eines unbändigen Lebenswillens. 'Schau heimwärts, Engel', erschienen 1929, zeigt vielfältigste Facetten häuslichen Glücks und Unglücks und liest sich über weite Strecken als Abrechnung mit dem Heiligtum des 'American way of life': der Familie. Aufs Exemplarische abzielend, erwächst aus der drei Generationen überspannenden Chronik ein faszinierendes Zeit und Sittenbild der Vereinigten Staaten, eine Erkundung der Mythen und Mentalitäten des Landes und nicht zuletzt ein Hymnus auf dessen nie versiegende Vitalität. Die erste kommentierte Ausgabe und nach Jahrzehnten wieder eine zeitgemäße deutsche Fassung des legendären Klassikers Ein durch und durch packender Roman, der den Weltruf US-amerikanischer Fabulierkunst im 20. Jahrhundert mitbegründet hat Der Altmeister unter den modernen Erzählern: einer, bei dem William Faulkner und Philip Roth in die Schule gegangen sind

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. ein Stein, ein Blatt, eine nie gefundene Tür; von einem Stein, einem Blatt, einer Tür. Und von all den vergessenen Gesichtern. Nackt und allein gingen wir ins Exil. In ihrem dunklen Schoß kannten wir das Gesicht unserer Mutter nicht, und aus dem Gefängnis ihres Fleisches hatten wir in das unaussprechliche und unsagbare Gefängnis dieser Erde zu gehen. Wer von uns kennt seinen Bruder? Wer von uns hat seinem Vater ins Herz geblickt? Wer von uns blieb nicht auf ewig gefangen? Wer von uns bleibt nicht für immer ein Fremder und allein? Vergeudet und verloren, in heißem Irrlichtern, verloren, unter glänzenden Sternen auf dieser so matten, glanzlosen Asche, verloren! Uns sprachlos erinnernd suchen wir die große, vergessene Sprache, den verlorenen Himmelspfad, einen Stein, ein Blatt, eine nie gefundene Tür. Wo? Wann? O verloren und vom Winde betrauert, Geist, kehr wieder zurück. Ein Schicksal, das Engländer unter Deutsche führt, ist seltsam genug; doch wenn es von Epsom nach Pennsylvania führt und in den Hügelkranz um Altamont, wo der Hahn stolz im Korallenrot kräht und ein Marmorengel milde lächelt, webt eine dunkle Fügung mit, die in der öden Welt neue Wunder wirkt. Die Summe dessen, was wir sind, hat keiner von uns je ermessen; man versetze uns zurück in Blöße und Nacht und wird vor viertausend Jahren auf Kreta die Liebe keimen sehen, die gestern in Texas ihr Ende fand. Die Saat unseres Untergangs wird in der Wüste aufgehen, das Gegengift wächst aus dem Gebirgsfelsen, und durch unser Leben spukt eine Schlampe aus Georgia, weil in London ein Taschendieb dem Galgen entging. Jeder Moment ist die Frucht von vierzigtausend Jahren. Die minutengesättigten Tage summen wie Fliegen heimwärts in den Tod, und jeder Moment ist wie ein Ausblick auf alle Zeiten. So auch dieser: Ein Engländer namens Gilbert Gaunt, der sich später Gant nannte (wohl aus Rücksicht auf die Aussprache durch die Yankees), kam 1837 auf einem Segelschiff von Bristol nach Baltimore und ließ den Ertrag des Wirtshauses, das er erworben hatte, bald seine sorglose Kehle hinunterrinnen. Er zog weiter westwärts nach Pennsylvania, hielt sich leidlich damit über Wasser, dass er Kampfhähne gegen Bauernhofgockel antreten ließ, und musste oft genug seinen Champion tot auf dem Platz zurücklassen und sich nach einer Nacht Arrest ohne klingende Münze in der Hosentasche, dafür zuweilen mit dem Abdruck einer tüchtigen Farmerfaust im dreisten Gesicht, aus dem Staub machen. Aber irgendwie kam er immer davon, und als er schließlich zur Erntezeit bei den Deutschen landete, war er von der Üppigkeit ihres Landes dermaßen angetan, dass er hier vor Anker ging. Binnen eines Jahres heiratete er eine herbe junge Witwe mit einer schmucken Farm, die wie all ihre Landsleute von seinem weltläufigen Auftreten und seiner grandiosen Beredsamkeit beeindruckt war, besonders wenn er nach Art des großen Edmund Kean den Hamlet gab. Sie fanden alle, er hätte Schauspieler werden sollen. Der Engländer zeugte Kinder - eine Tochter und vier Söhne -, lebte sorglos und unbeschwert dahin und ertrug die scharfen, aber aufrichtigen Bemerkungen seiner Frau geduldig. So vergingen die Jahre, der klare, ein wenig stechende Blick trübte sich hinter eingesunkenen Lidern, die Gicht lähmte den Schritt des hochgewachsenen Engländers, und eines Morgens, als seine Frau ihn aus dem Schlaf nörgeln wollte, fand sie ihn tot - von einem Schlaganfall dahingerafft. Er hinterließ fünf Kinder, eine Hypothek und in seinen seltsam dunklen, nun wieder stechend klaren und weit aufgerissenen Augen etwas, was nicht gestorben war: ein unbändiges und unergründliches Fernweh. Mit diesem Vermächtnis lassen wir den Mann aus England ruhen und wenden uns nun dem Erben zu, dem er es weitergab, seinem zweiten Sohn, einem Jungen namens Oliver. Wie dieser Junge vor der Farm seiner Mutter am Wegrand stand und die mit Staub bedeckten Rebellen auf ihrem Marsch nach Gettysburg an sich vorbeiziehen sah; wie seine kalten Augen sich verschatteten Leseprobe
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