Produktsicherheitsverordnung
Hersteller:
null
Autorenportrait
Don Dinkmeyer, Dr., ist Verfasser von mehr als 20 Büchern und über 100 Artikeln zum Thema 'Erziehung' und Autor von innovativen und erfolgreichen Erziehungsprogrammen wie z. B. dem 'Systematischen Training für Eltern' STEP. Prof. Dr. Rudolf Dreikurs wurde 1897 in Wien geboren und starb 1972 in Chicago, wo er bis zu seinem Tod praktizierte. Er begann seine Laufbahn in Wien als Psychiater und steht in der Tradition der von Alfred Adler begründeten Individualpsychologie, die heute einen wichtigen Teil der psychoanalytischen Theorie, der Psychotherapie sowie der Theorie und Praxis von Ehe- und Paarberatungen und besonders der Erziehungsberatung bildet. Seine Werke gehören zu den Klassikern unter den Erziehungsratgebern. Sein erfolgreichstes Buch - 'Kinder fordern uns heraus' - wurde 700.000 Mal verkauft.
Leseprobe
Einführung Auf den ersten Blick mag es ungewöhnlich erscheinen, daß man ein ganzes Buch über "Ermutigung" schreiben kann. Schließlich wird kaum eine andere Form korrektiver Beeinflussung so weit verbreitet anerkannt und empfohlen; und jeder, der mit Kindern zu tun hat, weiß, wie wichtig Ermutigung ist, und versucht auch, sie regelmäßig anzuwenden. Viele denken deshalb, die Notwendigkeit zu ermutigen sei Allgemeingut und bedürfe keiner besonderen Erwähnung. Aber stimmt das? Bei näherer Betrachtung wird klar, daß die Bedeutung der Ermutigung viel zuwenig erkannt ist, und die Mittel, sie richtig anzuwenden, sind noch weniger bekannt. Der unvoreingenommene Betrachter, der die Eltern und Pädagogen bei ihrer Arbeit beobachtet, muß feststellen, daß Ermutigung gerade dort nicht gegeben wird, wo sie am meisten not tut, und daß viele, die es "gut meinen", mit ihren Ermutigungsversuchen kläglich scheitern, weil sie eine falsche Vorstellung vom Ermutigungsvorgang als solchem haben. Da sie sich oft ihres Mangels an Geschick bzw. ihrer Fähigkeit zu ermutigen nicht bewußt sind, kommt es vor, daß sie statt dessen entmutigen. Warum aber wird eine Methode, die so weit verbreitet als notwendig und fördernd anerkannt ist, nicht wirksamer angewandt? Die meisten Pädagogen betrachten Ermutigung als einen ergänzenden Teil ihrer korrektiven Bemühungen und erkennen nicht ihre umwälzende Bedeutung; noch sind sie imstande, die Kompliziertheit des Ermutigungsprozesses zu ergründen. Warum ist Eltern und Lehrern der Ermutigungsvorgang so wenig vertraut? Um diese Situation zu verstehen, muß man die ungewöhnliche pädagogische Zwangslage erkennen, in der wir uns heutzutage, vor allem in den Vereinigten Staaten, befinden. Unsere Unfähigkeit, mit Kindern richtig umzugehen, rührt daher, daß wir keine Erziehungsmethoden kennen, die sich in unseren modernen westlichen Gesellschaften als besonders geeignet erwiesen hätten. Wir haben noch keine Tradition, auf die wir uns stützen können, denn die traditionellen Erziehungsmethoden beruhen auf autoritären Prinzipien, bei denen Belohnung und Bestrafung noch wirksame Mittel waren, um Untergeordnete zu leiten, auf sie einzuwirken und die Akzeptanz der Forderungen von Autoritätspersonen, wie Lehrern oder Eltern, zu fördern. Die "Demokratisierung" besteht aus einem Prozeß steigender Gleichwertigkeit. Der Mensch in unserer modernen Gesellschaft neigt dazu, dem Druck derjenigen Widerstand zu leisten, die Befehlsgewalt über ihn geltend machen wollen. Mit anderen Worten, Druck von außen erzeugt in unserer Zeit selten das gewünschte Verhalten. Man kann ein Kind kaum mehr dazu zwingen, artig zu sein, zu lernen, sich einzusetzen, wenn das Kind vorzieht, es nicht zu tun. Äußerer Druck muß durch innere Stimulation ersetzt werden. Belohnung und Bestrafung erzeugen nicht diese innere Anregung, oder wenn, dann sind sie nur von kurzer Dauer und müssen fortlaufend wiederholt werden. Wenn das Kind dagegen motiviert ist und - als ein Resultat innerer Anregung - aus eigenem Willen die rechte Richtung einschlägt, dann sind die Chancen gut, daß es diese Richtung auch ohne äußeren Zwang beibehält. Warum aber schlagen Kinder die falsche Richtung ein? Was veranlaßt sie, etwas, was sie tun sollten, zu unterlassen? Wer die Antwort zu diesen Fragen findet, hat damit die Voraussetzung, den richtigen Stellenwert der Ermutigung einzusehen. Infolge der immer geringer werdenden Bedeutung von dirigistischen, von oben erlassener Anordnungen auf allen Ebenen sozialer Funktionen in Staat, Gemeinde, Schule und Familie, erlangt jedes Individuum das Recht, seine eigene Richtung zu bestimmen. Dieses Recht der Selbstentscheidung ist in einer Demokratie fundamental verankert. Unsere Kinder teilen dieses Recht mit uns und wenden es mit größter Selbstverständlichkeit an, oft zur Verwirrung und Verlegenheit von Eltern und Lehrern, die entdecken, daß sie den Kindern nicht länger ihren Willen aufzwingen können. Wie sich das Kind entschließt, hängt weitgehend von seinen eigenen Vorstellungen ab, von seiner Selbstbewertung und der Einschätzung der anderen, ebenso wie von seinen Methoden, mit denen es sich einen Platz in der Welt erobert. Solange es in der Bemühung, sich einzufügen, nicht entmutigt wird, wird es gesellschaftlich akzeptable und konstruktive Mittel anwenden. Verliert es jedoch das Vertrauen in seine Fähigkeit, mit nützlichen Mitteln Erfolg zu haben, dann wird es aufgeben und sich auf die "nutzlose Seite" des Lebens schlagen. Dieser Vertrauensverlust gegenüber sich selbst und seinen Fähigkeiten äußert sich als Mutlosigkeit. Den Grad der Entmutigung in unserer Gesellschaft erkennt man am deutlichsten an dem Ausmaß, in dem Fehlverhalten und Mängel bei unseren Kindern zutage treten. Schlechtes Benehmen ist bei Kindern so verbreitet, daß viele Personen, die Erziehungsaufgaben wahrnehmen, es bereits für normal halten; eine Annahme, die noch unterstützt wird durch eine falsche Interpretation der Entwicklungspsychologie. Tatsächlich gibt es kaum ein Kind, dessen Eltern nicht ihre Not damit haben, es dazu zu bewegen, morgens aufzustehen, abends schlafen zu gehen, ordentlich zu essen, seine Sachen aufzuräumen, Streit mit den Geschwistern abzubrechen, pünktlich zu sein und im Haushalt mitzuhelfen. Kvaraceous spricht vom "Kontinuum normverletzenden Verhaltens", das von den kleinen Überschreitungen bis zu den gewalttätigsten Formen der Jugendkriminalität reicht. Alle diese Kinder wurden auf die eine oder andere Weise entmutigt. Ermutigung ist aber für ein Kind so wichtig wie Wasser für eine Pflanze. Ohne Ermutigung verkümmert es und kann seine Talente nicht entwickeln. Deshalb erscheint das Versagen der Eltern und Pädagogen auf diesem Gebiet auch fast tragisch. Gewiß wollen sie helfen, wollen Fehler korrigieren und sind auch ehrlich darum bemüht, aber es fehlt ihnen das Werkzeug, nun ihre Ziele auch wirklich zu erreichen. Es sind neue Methoden erforderlich, um Kinder anzuregen und zu beeinflussen, aber leider sind nur wenige Pädagogen mit diesen Methoden und deren Anwendung vertraut. Ermutigung ist so ausschlaggebend, daß die Wirksamkeit jeder erzieherischen Maßnahme tatsächlich von dem Grad abhängt, in dem das Kind dadurch ermutigt oder entmutigt wird. Wie nun auch Eltern und Lehrer ihre Methoden rechtfertigen mögen - sind ihre Versuche entmutigend, so bestärken sie die Anpassungsschwierigkeiten des Kindes. Diese Tatsache wird viel zuwenig erkannt und in Erwägung gezogen. Erst wenn Eltern und Lehrer gelernt haben, ihre erzieherischen Bemühungen nach deren Ermutigungswert zu beurteilen, werden sie viele ihrer gewohnten Reaktionen auf das schlechte Benehmen der Kinder aufgeben und ganz neue Wege der Beeinflussung ins Auge fassen. Ein Beispiel Kevin, neun Jahre alt, war neu in der Nachbarschaft. Bald ergab sich für ihn die Gelegenheit, an einem Baseballspiel teilzunehmen. Bald zeigte sich aber auch, wie wenig Erfahrung und Talent er dazu hatte, und es gab Streit darüber, zu welcher Mannschaft er gehören solle. Kevins Unfähigkeit wurde dadurch so unterstrichen, daß er nun allerhand Vorwände fand, um nicht mitspielen zu müssen. Auch Kevins Vater sah, daß er kein guter Spieler war und nahm sich deshalb die Zeit, mit ihm im Hof zu spielen. Doch Kevin ließ den Ball meistens fallen, konnte ihn überhaupt nicht fangen und schlug nach einer Weile selbst vor, etwas anderes zu spielen. Sein Vater glaubte fest, daß Kevin es lernen könne. Er kaufte einen Ball, der größer und weniger hart war, so daß Kevin besser mit ihm umgehen konnte. Der Vater warf und schlug den Ball so geschickt, daß Kevins Chancen, ihn zu fangen oder zu treffen, stiegen. Immer, wenn seine Anstrengungen erfolgreich waren, lobte ihn der Vater. Aber auch, wenn etwas schiefging, bemerkte er etwas Positives, z. B. die richtige Ausgangsstellung oder eine gute Bewegung. Langsam gewann Kevin sein Selbstvertrauen zurück. Bald mußte der Vater ihn auch nicht mehr "absichtlich" gewinnen...