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Therapie der Zweierbeziehung

Einführung in die analytische Paartherapie - Anwendung des Kollusionskonzeptes, Beziehungsgestaltung im therapeutischen Dreieck

Erschienen am 22.08.2008, 1. Auflage 2008
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783608945225
Sprache: Deutsch
Umfang: 368 S.
Format (T/L/B): 3.5 x 21 x 13.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Jürg Willi ist der Begründer des weltweit bekannten Kollusionskonzepts. Unter einer Kollusion versteht er die unbewusste, oft neurotische Verstrickung von Partnern in ihrer ambivalenten Suche nach Nähe und Geborgenheit, der die Angst vor Verlust der eigenen Autonomie entgegensteht. Das Buch beschreibt die praktische Anwendung dieses Konzepts in der Paartherapie. Er führt aus, wie der Therapeut persönlich gefordert ist, sowohl bei der Gestaltung der therapeutischen Dreiecksbeziehung als auch beim Umgang mit seiner eigenen Geschlechtszugehörigkeit und seinen Wertvorstellungen über Paar- und Familienbeziehungen. Einen Großteil des Buches nimmt die Therapiegeschichte eines Paares ein, die in allen Behandlungsphasen nachgezeichnet und kommentiert wird. Wie Willi sich dabei kritisch mit seiner grundsätzlichen Haltung und seinem konkreten Handeln in der Therapie auseinandersetzt, liest sich spannend und erhellt die Vorgänge, die in der Therapie ablaufen. 

Autorenportrait

Jürg Willi, Prof. Dr. med. Dr. h. c., war ein Psychoanalytiker und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Bis 1999 war er Direktor der psychiatrischen Poliklinik am Universitätsspital Zürich und Ordinarius für Ambulante Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Krankheiten an der Universität Zürich. Von 1999 bis 2009 leitete er das Institut für ökologisch-systemische Therapie in Zürich. Er verstarb im April 2019 im Alter von 85 Jahren.

Leseprobe

Zur Neuherausgabe nach 30 Jahren Begründung der Neuherausgabe Als das Buch 'Therapie der Zweierbeziehung' im Jahr 1978 herauskam, war es das erste deutschsprachige Werk, das sich mit den systemischen und psychodynamischen Aspekten der Paartherapie befasste. Zuvor waren die beiden Bücher des Münchener Therapeutenpaares Herbert und Anita Mandel ( 1971 und 1975 ) erschienen, die, ähnlich wie das aus dem Amerikanischen übersetzte Buch von Bill Lederer und Don Jackson ( 1972 ), die Behandlung destruktiver Paarbeziehungen mit Kommunikationstherapie und Verhaltenstherapie darstellten. 'Therapie der Zweierbeziehung ' legte das theoretische Gewicht auf die Kollusion des Paares, also auf das unbewusste Wechselspiel der Partner in der Partnerwahl und im Paarkonflikt. Das Kollusionskonzept habe ich 1975 in 'Die Zweierbeziehung' eingehend beschrieben. Nun stellt sich die Frage: Entspricht das vorliegende Buch 30 Jahre nach seinem Erscheinen noch den heutigen Anforderungen in einem Gebiet, in welchem sich der Gegenstand - die Gestalt einer gestörten Paarbeziehung - sowie die Theorie und Praxis ihrer Therapie enorm verändert und entwickelt haben? Als Antwort auf diese Frage möchte ich Thomas Hess aus seinem Lehrbuch für die systemische Arbeit mit Paaren 2003 zitieren: 'In Europa hat Willi als Erster eine umfassende Studie zur Dynamik und Therapie von Zweierbeziehungen vorgelegt. Sein Kollusionskonzept, das eine Brücke zwischen der Psychoanalyse und der damaligen Praxis von Paar- und Familientherapie schlug, genießt noch heute großes Interesse und wurde von ihm fortlaufend weiterentwickelt. Seither sind keine solch Bahn brechende Konzepte mehr entstanden. Zwar existieren einige Modelle, die meines Erachtens jedoch nicht umfassend sind. Die Schöpfer dieser Modelle bewegen sich - mit wenigen Ausnahmen - nur innerhalb der Grenzen der eigenen Therapieschule' (S. 77 ). Das Buch 'Therapie der Zweierbeziehung' fand eine weite Verbreitung und wurde in über 40000 Exemplaren verkauft. Es wurde ins Amerikanische ( 1984 ), ins Japanische ( 1988 ) und nach einem Intervall von 20 Jahren ins Niederländische ( 1998 ) und Tschechische ( 1998 ) übersetzt. Nachdem über lange Zeit nur vereinzelte deutschsprachige Bücher über Paartherapie erschienen waren, kam es im neuen Jahrtausend zu einem eigentlichen Boom. 11 neue Bücher über Paartherapie erschienen hintereinander, verfasst von den Autoren Guy Bodenmann ( 2004 ), Ulrich Clement ( 2004 ), Birgit Dechmann und Christiane Ryffel ( 2001 ), Thomas Hess ( 2003 ), Hans Jellouschek ( 2005 ), Wolfgang Lutz ( 2006 ), Arnold Retzer ( 2004 ), Astrid Riehl-Emde ( 2003 ), Fritz B. Simon und Christel Rech-Simon ( 2001 ), Roland Weber ( 2006 ), Rosmarie Welter-Enderlin ( 2007 ). Vom Menschenbild und Therapieverständnis stehen mir die Bücher von Hans Jellouschek und von Rosmarie Welter-Enderlin am nächsten, die zur ersten Generation von Paartherapeuten zu zählen sind und die eine große Breitenwirkung auf angehende Therapeuten gehabt haben und weiterhin haben. Ähnlich wie ich streben sie eine für Paare transparente und verständliche therapeutische Haltung und Sprache an, was leider unter systemischen Therapeuten keineswegs selbstverständlich ist. Auch Rosmarie Welter-Enderlin und Hans Jellouschek legen den Schwerpunkt auf die persönliche Entwicklung durch die Paarbeziehung, bzw. sie sehen die aktuelle Krise in Zusammenhang mit blockierten und vermiedenen Entwicklungen der Paarbeziehung. Diese Sichtweise wurde von den meisten deutschsprachigen Paartherapeuten übernommen. Sie ist aber keineswegs selbstverständlich. In der amerikanischen Paartherapieszene wird das Therapieziel weniger auf die Bearbeitung von Konflikten und Problemen in der Beziehung gelegt, sondern auf die Herstellung einer positiven, Sicherheit spendenden Kommunikation, so z.B. der einflussreiche Autor John Gottman, der auf Grund seiner gemeinsam mit R.W. Levenson durchgeführten, umfangreichen Studien Prädiktoren für eine gelingende Partnerschaft herausgearbeitet hat. In seinem Buch 'Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe' ( 2004 ) erteilt er Anweisungen, ja, verspricht sogar das Gelingen einer glücklichen Ehe durch wechselseitiges Wohlwollen, Respekt, Anerkennung und Lob. Eine andere einflussreiche Paartherapeutin ist Susan Johnson, die mit der von ihr begründeten Emotionally Focused Therapy EFT unsicher gebundene Partner zu einer Sicherheit spendenden Beziehung anleitet. Oft wird auf ein therapierelevantes Konzept oder Konfliktmodell verzichtet und pragmatisch- eklektisch an einer Verbesserung der Paarbeziehung gearbeitet, was zu einem Mangel an Vertiefung führen kann. Das Vorgehen ist oftmals eher pädagogisch als psychotherapeutisch. Von großer Bedeutung ist auch das lösungsorientierte Konzept von Steve de Shazer ( 1989 ). De Shazer erkundigt sich beim Paar nach Lebenssituationen, die problemfrei sind, und fragt, wie diese entstehen und erweitert werden könnten. Oder er forscht nach Ausnahmen einer bestimmten störenden Situation und versucht die Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens solcher Ausnahmesituationen zu erhöhen. Dem Paar wird grundsätzlich die Fähigkeit zugeschrieben, das Problem selbst lösen zu können (Ressourcenaktivierung). Im lösungsorientierten Vorgehen wird möglichst wenig Konflikt- und Problemanalyse ins Zentrum der Bearbeitung gerückt, in der Meinung, dass diese die Schwierigkeiten eher vertiefen als lösen, etwa nach der Devise 'Es ist nicht das Problem, das einer Lösung bedarf, vielmehr ist die bisherige Lösung das Problem'. Das lösungsorientierte Denken scheint mir eine oft wertvolle therapeutische Technik zu sein; wird sie aber zum eigentlichen Therapiekonzept, kann sie Anlass geben, einer vertieften Sicht der Hintergründe einer belastenden Beziehung auszuweichen und damit auch die Chance zu verpassen, sich auf anstehende Entwicklungen der Beziehung einzulassen. Viele Paare beklagen sich denn auch über negative Erfahrungen in der Paartherapie. Sie sind enttäuscht über das oberflächliche Verständnis des Therapeuten für den Paarkonflikt, über unverständliche Therapieinterventionen und über die mangelnde Fähigkeit, den beiden Partnern gerecht zu werden. Dennoch bleibt die Frage: Wurde das Buch 'Therapie der Zweierbeziehung' nicht in einer anderen Kulturepoche geschrieben, nämlich zu einer Zeit, wo das selbstverständliche Therapieziel die Erhaltung einer Ehe war, während heute die Klärung des Therapieauftrags viel komplexer geworden ist? Geht es um die Lösung von Paarproblemen, in der Hoffnung, der Beziehung eine neue Zukunft zu ermöglichen, geht es um die Klärung einer Ambivalenz betreffend die Fortführung der Beziehung, oder geht es um die Konfliktregelung und Mediation bei einer Trennung (Hess 2003 )? Heute melden sich weit häufiger als vor 30 Jahren unverheiratete Paare. Die beidseitige Möglichkeit, sich in der Beziehung persönlich und beruflich zu entwickeln und seine eigenen Chancen und Freiheiten wahrzunehmen, spielen eine weit größere Rolle als früher. Die Partner präsentieren sich weniger voneinander abhängig und weniger kollusiv miteinander verstrickt. Scheidungen, selbst wenn sie auch heute als schmerzlich erlebt werden, sind gesellschaftlich nicht mehr geächtet und dienen oft dazu, frei zu werden für einen Neubeginn, in oder außerhalb einer neuen Beziehung. Dennoch - die frustrierten Liebessehnsüchte und die Ängste vor Enttäuschung, Bindung und Freiheit sind dieselben geblieben. Nach wie vor ist die Tendenz spürbar, unerfüllbare Sehnsüchte und Ängste mittels kollusiver Arrangements unter Kontrolle halten zu wollen. Die Hintergründe für irrationale Reaktionen und Interaktionen liegen weiterhin oftmals auf unbewussten, schamhaft verborgenen Wünschen. Nicht immer braucht der Therapeut tiefer gehende oder neurotische Kollusionen direkt als Thema anzusprechen. Aber es ist von großer Bedeutung, ob ein Therapeut über ein Konzept verfügt, um Paare auf einer ihnen oftmals selbst unerklärlichen Ebene zu verstehen und in ihren irrationalen Verhaltens...

Inhalt

Zur Neuherausgabe nach 30 Jahren1 1 Männer und Frauen in der Paartherapie1 2 Entwicklungsfördernde und entwicklungshemmende Aspekte der Partnerbeziehung1 3 Methodik der Paartherapie: Das erste Gespräch mit dem Paar1 4 Der Widerstand in der Paartherapie1 5 Die Anwendung des Kollusionskonzeptes in der analytischen Paartherapie1 6 Die Übertragung in der Paartherapie1 7 Gegenübertragung und therapeutische Kollusion1 8 Die Geschlechtsgebundenheit des Paartherapeuten1 9 Ausübung von Paartherapie durch ein Therapeutenpaar ( Cotherapie )10 Wertprobleme in der Paartherapie11 Scheidung und Wiederverheiratung12 Helga und Stani – Fallbericht über die Anwendung des Kollusionskonzeptes in der Paartherapie13 SchlusswortLiteraturverzeichnisRegister

Schlagzeile

Jürg Willi: der bekannteste Paartherapeut im deutschsprachigen Raum

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