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Orte eigener Vernunft

Europäische Aufklärung jenseits der Zentren

Erschienen am 15.09.2008, 1. Auflage 2008
34,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593387482
Sprache: Deutsch
Umfang: 228 S.
Einband: Paperback

Beschreibung

Die Aufklärung des 18. Jahrhunderts nahm ihren Ausgang in Nordwesteuropa. Aber wie waren an diesem Projekt andere Länder und Regionen beteiligt? Die dortigen Rezipienten nahmen das neue Wissen nicht nur passiv auf, sondern eigneten es sich kreativ an und veränderten es. Mit Beiträgen zu Ländern und Regionen wie Spanien, Skandinavien, Russland oder dem Osmanischen Reich werden in diesem Band die Leerstellen der klassischen Aufklärungsgeschichte gefüllt.

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Autorenportrait

Alexander Kraus, M. A., ist wiss. Mitarbeiter, Andreas Renner, Dr. phil., ist Gerda-Henkel-Forschungsstipendiat an der Abteilung für Osteuropäische Geschichte der Universität zu Köln. Alexander Kraus, Andreas Renner (Hg.) Orte eigener Vernunft Europäische Aufklärung jenseits der Zentren

Leseprobe

Ad marginem: Europäische Aufklärung jenseits der Zentren Andreas Renner Das bekannteste Projekt der Aufklärung - die vom französischen Philosophen Diderot und dem Mathematiker d'Alembert herausgegebene Encyclopédie - verstand sich als neue Karte der Welt. Eine bessere Selbst-beschreibung lässt sich nur schwer für den doppelten Ehrgeiz dieser dominierenden Geistesströmung des 18. Jahrhunderts finden. Einerseits wollte man das ganze Wissen der Menschheit sammeln und umordnen, mehren und nutzbar machen. Andererseits ging es nicht nur darum, die Welt neu zu vermessen, sondern auch um das Ziel, den verwendeten Maß-stäben überall zur Geltung zu verhelfen. Es wird kaum überraschen, dass über die Justierung der Normen ein vielfältiger Dissens bestand; der war jedoch erwünscht, wenn nicht unvermeidlich. Denn die Aufklärung wollte gerade nicht von Gewissheiten ausgehen, sondern durch systematischen Zweifel ein neuartiges Wissen schaffen - ein Wissen, das jetzt prinzipiell als unendlich zu verstehen und säkular zu begründen war. Dahinter stand keine Charta aufgeklärter Grundsätze und Ziele, sondern ein verändertes Bild vom Menschen und seiner Welt als durch eigene Anstrengung erkennbar und perfektionierbar. So amorph dieses Programm der Aufklärung im Konkreten blieb, perspektivisch versprach sie, durch menschliche Verstandeskraft eine überlegene Selbst- und Naturbeherr-schung zu erreichen. Doch als Maßstab für eine Weltkarte der Aufklärung sind solche Visio-nen praktischer Vernunft zu grob, weil sie nur zwischen aufgeklärt und aufzuklärend unterscheiden. Seit einiger Zeit werden deswegen gegen ältere Vorstellungen von einem einheitlichen Aufklärungskanon bzw. wenigen Grundvarianten die Unterschiede zwischen einzelnen Regionen der Aufklärung stärker betont. Als habe man erst jetzt entdeckt, dass in einem Mutterland der Aufklärung über dieses Phänomen mit dem Begriff "les Lumières" seit jeher nur im Plural gesprochen wurde, stellt die gegen-wärtige Forschung die national und regional verschiedenen Ausprägungen von Aufklärung heraus. Auch diese geographischen Typen werden aller-dings längst nicht mehr als homogene Einheiten verstanden. Zu den Besonderheiten gehört, das betont inzwischen jede neuere Länderunter-suchung, die jeweilige Mischung von Aufklärungsvarianten. Inzwischen ist von einer katholischen Aufklärung ebenso selbstverständlich die Rede wie von einer protestantischen, von einer radikalen wie von einer obrigkeits-treuen, vom Fortschritt durch die Überzeugungskraft der Vernunft wie von dem vielfachen, vermeintlich irrationalen Widerstand, auf den die Aufklärer mit ihren Idealen stießen. Gerade geographische Fallstudien bestätigen ferner, dass Aufklärung mit unterschiedlichen Zielen vereinbar war; sie stand nicht nur für große Staatsreformen oder Bildungspolitik, sondern konnte zur gleichen Zeit ökonomische, medizinische oder Volks-aufklärung sein. Nichts war vor dem herrischen Anspruch der Vernunft sicher, und jeder, der konnte, sollte sich im Prinzip mit seinem Verstand an diesem Projekt beteiligen dürfen. Auch in diesem Band kann Aufklärung vieles bedeuten, aber muss nicht immer alles sein: Verfassungspläne in Nordamerika, Landreformen und das Verbot der Sklaverei in Dänemark oder die Gründung säkularer Schulen im jüdischen Bildungswesen.

Inhalt

Inhalt Vorwort Ad marginem: Europäische Aufklärung jenseits der Zentren Andreas Renner Kritik, Krise und politische Impotenz: Hispanische Aufklärungen in der alten und der neuen Welt Antonio Saez-Arance "The standard of reason at length erected": Die Aufklärung in Nordamerika Michael Lenz Von Fremdherrschaft und freiem Geist: Die irische Aufklärung Frank Wolff Nordlichter der Vernunft oder die Aufklärung in Skandinavien Alexander Kraus Sieg der Vernunft im Windschatten der Autokratie? Aufklärung im Baltikum Birte Kohtz Russland: Die Autokratie der Aufklärung Andreas Renner Von der Schaukel aufs Schafott: Die polnische Aufklärung Christoph Schmidt Vernunftjudentum: Die Figur des ostjüdischen Intellektuellen und der Geist der Aufklärung Alexis Hofmeister In oriens lux : Aufklärungstransfers ins Osmanische Reich Roland Cvetkovski Ausblick auf eine kopernikanische Wende: Die Neuvermessung der Aufklärung Alexander Kraus Weiterführende Literatur Register