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Strandläufer

Ein Sylt-Krimi, Mamma Carlotta 8, Sylt-Krimis

Erschienen am 12.05.2014
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783492303620
Sprache: Deutsch
Umfang: 474 S.
Format (T/L/B): 3 x 18.7 x 12 cm
Einband: kartoniertes Buch

Autorenportrait

Gisa Pauly, geboren 1947 in Gronau, arbeitete lange Jahre als Lehrerin und lebt heute als freie Schriftstellerin, Journalistin und Drehbuchautorin in Münster und auf Sylt. Die Fangemeinde ihrer erfolgreichen Mamma-Carlotta-Reihe wächst unaufhaltsam. Eine Verfilmung ist derzeit in Vorbereitung.

Leseprobe

Heiliger Wattwurm! Was ist denn da unten los? Da geht's ja noch lärmender zu als beim neuen Gosch. Ich hätte gleich hierhin fliegen sollen, bei Gosch ist die Konkurrenz einfach zu groß. Außerdem wird da dermaßen aufgepasst, dass man sich nicht mal in die Nähe der Tische­ trauen, geschweige denn darunter oder darauf zur Landung ansetzen kann. Im Nu wird man weggescheucht. Aber hier, auf dem Parkplatz, der heute keiner ist, wird vielleicht was zu holen sein. Also die Flügel ausbreiten und ein paar Runden treiben lassen, bei jeder Runde ein bisschen tiefer. Aha, auf ein paar Tischen wird Gebäck angeboten­! Und da! Dicke, fest verschlossene Miesmuscheln! Da läuft einem ja das Wasser hinterm Schnabel zusammen. Man sollte den Kerl, der sie bewacht, durch plötzliche Darmentleerung aus der Reserve locken und dann. Aber stopp! Was für eine Enttäuschung! Ungenießbar sind sie, diese wunderbaren, schwarz glänzenden Miesmuscheln. Da steht einem ja das Gefieder zu Berge! Gemalte Miesmuscheln! Gut, dass ich darauf nicht reingefallen bin. Und sonst? Viel Krimskrams, leider alles ungenießbar. Ich bin zwar sicher, dass die Leute da unten was Essbares in ihren Taschen haben, aber da ist nicht ranzukommen. Jedenfalls zurzeit nicht. Besser abwarten und noch ein paar Runden kreisen. Irgendwann nimmt jemand ein belegtes Brötchen in die Hand, und dann kommt meine Chance. Heutzutage muss man sich seine Nahrung hart erkämpfen. Der einzige Punkt, in dem ich der Sylter Obrigkeit zustimme: Es gibt einfach zu viele Möwen auf Sylt. Das waren noch Zeiten, als die Leute Spaß daran hatten, uns zu füttern! Aha, da geht der Bewacher des Bildes mit einem Fischbrötchen zum Abfalleimer. Er beißt noch einmal ab, der Rest scheint ihm nicht zu schmecken. Jetzt achtgeben! Sturzflug, wieder die Flügel ausbreiten, schweben, zwei Meter über dem Opfer kurz wegtreiben lassen, es in Sicherheit wiegen, dann der Angriff von hinten.   Au!' Tove Griess war zurückgewichen, sein misslauniges Gesicht nahm im Schreck für einen Moment einen geradezu kindlichen Ausdruck an. Verdutzt sah er der Silbermöwe hinterher, die den Rest seines Fischbrötchens zu dem unbebauten Grundstück trug, auf dem vor ein paar Jahren noch das Kurhaus von Wenningstedt gestanden hatte. Ein Schwarm von Artgenossen folgte ihr und balgte sich dort um die Beute. 'Das Füttern der Möwen ist verboten!', rief Carlotta Capella empört, die hinter einem Tapeziertisch stand, auf dem die Ladenhüter ihres Flohmarktangebotes lagen, die bis jetzt keine Käufer gefunden hatten. 'Habe ich das Mistvieh etwa gefüttert?', schrie Tove Griess wütend zurück. 'Beklaut hat sie mich!' Aufgebracht machte er kehrt und ging zu seinem Flohmarktstand zurück, den er in Mamma Carlottas Nähe aufgebaut hatte. 'Die Möwen haben mittlerweile ihre Scheu vor den Menschen verloren', bestätigte Carolin. 'Das ist nicht gut. Sie müssen zu ihrem artgerechten Verhalten zurückfinden.' Mamma Carlottas Enkelin war ein ernsthaftes Mädchen, ruhig und bedächtig wie ihr Vater, das sich Probleme zu Herzen und das Leben­ niemals auf die leichte Schulter nahm. Eine leise Stimme mischte sich ein, schleppend und unlustig aus reiner Gewohnheit, aber durch Hohn und Schadenfreude diesmal ein wenig verschärft. 'Das ist wohl das erste Mal, dass Tove seine Fischbrötchen aus der Hand gerissen werden', brummte Fietje Tiensch. Der Strandwärter von Wenningstedt hockte auf einem Klappstuhl hinter Toves Stand, wo er sich so klein gemacht hatte, als fürchtete er Kundschaft. Er fror, hatte die Ärmel seiner marineblauen Wolljacke so weit wie möglich über die Hände gezogen und den Reißverschluss seines Troyers, den er daruntertrug, bis zum Kinn geschlossen. Auch er hatte die Farbe, die alle Menschen, die an der Wasserkante leben, besonders mögen. Tove Griess, der Wirt von Käptens Kajüte, einer Imbissstube am Hochkamp, die genau wie ihr Besitzer nicht den besten Ruf genoss, fuhr wütend herum. Sein grobes Gesicht, die vorgewölbte Stirn mit den buschigen Augenbrauen und sei

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