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Erika Mustermann

Roman

Erschienen am 16.07.2013, 1. Auflage 2013
16,99 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783492054522
Sprache: Deutsch
Umfang: 271 S.
Format (T/L/B): 2.8 x 21.6 x 13.5 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Ein geschliffenes Porträt von Parlamentariern und Basis in der Hauptstadt der Orientierungslosigkeit. Und eine hellsichtige, amüsante und nicht zuletzt romantische Chronik von Aufstieg von Fall der Piratenpartei: In seinem Roman 'Erika Mustermann" liefert Robert Löhr fünfzig Gründe, die Piraten zum Teufel zu wünschen - und mindestens ebenso viele, sie schmerzlich zu vermissen. Friederike (Grüne) verabscheut die Piraten: Raubkopierer, Rollenspieler und Einzelgänger, die sich den Teufel um die Umwelt scheren, solange das Netz nur frei bleibt. Also startet sie einen Feldzug gegen die Piratenpartei. Ihr erstes Opfer: Volker Plauschenat, der harmloseste der fünfzehn Berliner Abgeordneten. Aber je tiefer Friederike in dessen Keller nach Leichen buddelt, desto mehr lernt sie das piratische Paralleluniversum schätzen. Und als sie erst ihr Herz an einen dieser Freaks verliert, wird es verdammt schwer, wieder von Bord zu gehen. Mit 'Erika Mustermann' gelingt Robert Löhr zweierlei: ein geschliffenes Porträt von Parlamentariern und Basis in der Hauptstadt der Orientierungslosigkeit. Und eine hellsichtige, amüsante und nicht zuletzt romantische Chronik von Aufstieg von Fall der Piratenpartei: Fünfzig Gründe, die Piraten zum Teufel zu wünschen - und mindestens ebenso viele, sie schmerzlich zu vermissen.

Leseprobe

KALTSTART     Wahltag Who killed Facebook? war mittlerweile bei 3 460 726 Klicks. Das kam zwar nicht annähernd an Nessun Dorma oder das niesende Pandababy heran, aber für einen deutschen Clip war es dennoch ein beachtlicher Erfolg. Und am Ende des Filmchens der Name des vermeintlichen Urhebers: written, animated & directed by Volker Plauschenat ein Name wie Buttersäure, dessen Uncoolness durch die ach so coolen englischen Credits nur noch hervorgehoben wurde, und dessen Eigentümlichkeit verhindert hatte, dass er aus Friederikes Langzeitgedächtnis gelöscht worden war. Volker Plauschenat: Die Stimmung auf Heikes Wahlparty war eh schon ruiniert, das Ergebnis amtlich, die Grünen nur abgeschlagene Dritte, als dieser Name auf der Bauchbinde des Fernsehbilds erschienen war. Einer Reporterin war es gelungen, besagten Plauschenat aus dem Tumult der Piraten-Wahlparty und vor das Mikro zu zerren; Volker Plauschenat (PIRATEN), Listenplatz 14 bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, überwältigt vom Glück und der Aussicht, künftig Berufspolitiker zu werden. Sowohl er als auch die Reporterin hielten sich ein Ohr zu, um zumindest die Hälfte des Lärms im Ritter Butzke auszublenden, aber ein vernünftiges Gespräch war trotzdem nicht zu führen. Plauschenat musste sich immer wieder dicht zu ihr herabbeugen und mehrmals nachfragen, und antwortete dann doch immer nur 'Ja/geil/absolut geil/die etablierten Parteien/was soll ich sagen' in unterschiedlichen Variationen. Sein verschwitztes Kopftuch deutete darauf hin, dass er sich als Freibeuter inszenieren wollte, dazu ein schwarzes T-Shirt mit dem Aufdruck Nerds 22 ever, Kinnbart und blondes Haar, zum - schauder! - Pferdeschwanz gebunden. Volker Plauschenat: Diese fette Version von Guybrush Threepwood hatte heute Friederikes Stammpartei die Wähler geraubt, nachdem er vor ein paar Jahren Friederikes Idee geraubt hatte. Es war zum Kotzen. Sie wollte heim, ohne sich groß von den anderen zu verabschieden, aber als sie im Halbdunkel von Heikes Schlafzimmer eine falsche Jacke aus dem Jackenberg gefischt hatte und es erst merkte, als sie sie schon angezogen hatte, wurde sie mit einem Mal so müde, dass sie dem Impuls nachgab, sich einfach vornüber aufs Bett fallen zu lassen. Sie sank tiefer und tiefer und war bald komplett von fremder Garderobe zugedeckt. Mit dem unvergleichlichen Geruch von Leder in der Nase schlief sie ein. Die Besitzerin der Jacke, die Friederike nun trug, weckte sie eine Stunde später, indem sie an ihrem Kleidungsstück zerrte; zu Tode erschrocken, dass sich ein Mensch darin befand. In der UBahn westwärts wurde Friederike übel. Sie hatte zu viel Trostbier getrunken. Sie versuchte sich damit abzulenken, dass sie die Namen der Bahnhöfe auf dem Liniennetzplan las, aber schon bald ertappte sie sich bei der unsinnigen Frage, welcher Bahnhof aufgrund seines Namens am besten zum Kotzen geeignet wäre: Pichelsberg, Leberbrücke, Breitenbach. Ihre Wahl fiel schließlich auf den Spittelmarkt. Von dem Moment an konnte sie an nichts anderes mehr denken. Am Spittelmarkt stieg sie aus und erbrach sich in einen Mülleimer. Die Nacht träumte sie von Gewinn- und Verlustdiagrammen, die gleich Tetris-Balken eckig und siebenfarbig vom Himmel regneten. Am nächsten Morgen sah sie aus wie ein verschütteter chilenischer Bergarbeiter. Zoe fragte sie auf dem Weg zur Kita, weswegen sie so matschig sei, und Friederike erklärte, das läge daran, dass die falsche Partei die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus gewonnen habe. 'Nicht die mit der Sonnenblume?', fragte ihre Tochter, und Friederike antwortete: 'Nein, nicht die mit der Sonnenblume, sondern die Piraten. Die Piraten haben in Berlin gewonnen.' Und setzte den Blinker. Eine Weile fuhren sie schweigend weiter, bis Friederike bei einem flüchtigen Blick in den Rückspiegel sah, dass Zoe bitterlich zu weinen begonnen hatte. Friederike fuhr in die nächste Bushaltebucht. 'Oh Gott, Mäuschen, was ist denn los?' Lange war kein Wort aus Zoe herauszubringen. Irge

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