Beschreibung
Grandios: Capote als gnadenlos unterhaltsamer Enthüllungsjournalist
Neben seinen Kurzgeschichten und Romanen verfasste Truman Capote für Magazine wie den Esquire und den New Yorker unzählige Reportagen und Porträts. Sie besitzen die erzählerische Kraft seiner Prosa - alles, was den Schriftsteller Capote ausmacht: Melancholie, Beobachtungsgabe, perfekte Dialoge und ein glühendes Interesse am Menschen. Mit seinem Millionenbestseller ''Kaltblütig'' revolutioniert Capote den Roman, indem er Journalismus und Literatur zusammenführte. ''Die Hunde bellen'' ist sein journalistisches Vermächtnis an die Nachwelt.
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Autorenportrait
Truman Capote wurde am 30. September 1924 in New Orleans geboren. Er wuchs in den Südstaaten auf und kam 1934 nach New York. Dort entdeckte er das Theater und verschaffte sich schnell Zutritt zur High Society. Mit 18 Jahren begann Capote als Redaktionsgehilfe beim New Yorker zu arbeiten. 1945 gelang ihm mit einer Kurzgeschichte der literarische Durchbruch. Ausgezeichnet mit vielen renommierten Preisen, spalteten seine Romane die Kritik sowie die Leser. Der Gesellschaft galt er als 'enfant terrible', doch seine Bücher und auch die Verfilmungen von 'Frühstück bei Tiffany' und 'Kaltblütig' brachten ihm Weltruhm ein, der bis heute fortdauert. Truman Capote starb 1984 in Los Angeles.
Leseprobe
Ich habe meine Notizbücher aus den fraglichen Jahren verloren, aber es muss Anfang 1950 oder 1951 gewesen sein, an einem warmen Tag Ende Februar, was auf Sizilien schon mitten im Frühling ist. Ich unterhielt mich mit einem alten Mann mit mongolisch anmutenden Zügen, der einen Borsalino aus schwarzem Samt trug und - dem milden, mandelblütenduftigen Wetter zum Trotz - einen schweren schwarzen Umhang. Der alte Mann war André Gide, und wir saßen zusammen auf einer Ufermauer, vor uns das wechselnde Mienenspiel der uralten flammblauen Tiefen. Der Postbote kam vorbei, ein Freund von mir. Er händigte mir mehrere Briefe aus, darunter einen, der einen ziemlich unfreundlichen literarischen Artikel über mich enthielt. (Natürlich, denn wäre es ein freundlicher Beitrag gewesen, hätte niemand ihn geschickt.) Nachdem sich Gide eine Weile mein Genörgel über den blöden Artikel und die generell unschöne Verfassung der Feuilletonistenseele angehört hatte, beugte sich der französische Großmeister etwas nach vorn, senkte die Schultern wie ein alter weiser - sollen wir sagen? - Bussard und meinte: 'Ach was! Denk an das arabische Sprichwort: Die Hunde bellen, aber die Karawane zieht weiter.' Ich habe oft an diese Bemerkung denken müssen, vor allem wenn ich mich mal wieder - in gaga-romantischer Verklärung - als einsamer Wüstenwanderer sah, der sich in der Dunkelheit unbekannten Beduinenlagern und -feuern näherte, gefährlichen Männern, die aufhorchen, sobald ihre Hunde anschlagen. Mir scheint, ich habe immer viel Zeit und Mühe daran gewandt, Mensch wie Hund entweder zu zähmen oder ihnen aus dem Weg zu gehen, und die Reportagen in diesem Buch legen Zeugnis davon ab. Es sind Souvenirs von Orten und Menschen, die zusammen so etwas ergeben wie eine geschriebene Landkarte meines Lebens während der letzten drei Jahrzehnte, also etwa zwischen 1941 und 1972. Alles in diesem Buch beruht auf Tatsachen, was nicht bedeutet, dass es sich immer um die reine Wahrheit handelt, aber zumindest um meine größtmögliche, persönliche Annäherung an die Wahrheit. Kein Journalismus ist je ganz rein, selbst der Kamera gelingt kein ganz getreues Abbild der Realität. Die Kunst ist eben kein destilliertes Wasser. Persönliche Eindrücke, Vorurteile, die Auswahl, die man unwillkürlich trifft und auch treffen muss, das alles verändert die so genannte reine Wahrheit. Die frühesten Stücke in diesem Buch sind Jugendimpressionen aus New Orleans, Tanger, Ischia, Hollywood oder erzählen von Eisenbahnreisen durch Spanien und von marokkanischen Volksfesten. Sie sind i95o in limitierter Auflage und einem schmalen Bändchen mit dem Titel Lokalkolorit schon einmal erschienen, aber längst nicht mehr lieferbar. Sie hier noch einmal zu veröffentlichen hat zwei Gründe. Zum einen pure Nostalgie. Die Artikel erinnern mich an eine Zeit, in der ich weniger mit kritischen als mit lyrischen Augen auf diese Welt schaute. Zum anderen aber zeigen sie, wie alles angefangen hat. Diese kleinen Impressionen waren erste Gehversuche auf dem Gebiet einer nichtfiktionalen Literatur, ein Genre, das mich mit dem ebenfalls separat erschienenen Die Musen sprechen ganz in Beschlag nehmen sollte. Die Musen sprechen ist das einzige Werk, von dem ich behaupten kann, es sei mit Vergnügen geschrieben worden - was bei mir normalerweise nämlich nicht der Fall ist. Ich wollte einen kurzen humorvollen Roman. Und 'russisch' sollte er sein, nicht im Sinn der russischen Literaturtradition, eher verspielt wie ein Faberge-Ei aus der Zarenzeit oder eine Spieluhr, die mit großer Präzision kleine freche Melodien herausklimpert. Viele der amerikanischen, aber auch sowjetischen Ensemblemitglieder waren später mit der Geschichte nicht einverstanden, aber das ist normal. Nach meiner journalistischen Erfahrung hat sich noch jeder, über den ich geschrieben habe, falsch dargestellt gefühlt. Und falls einmal nicht, dann sorgten spätestens Freunde und Verwandte dafür, dass der Betreffende irgendwann doch etwas auszusetzen fan