Beschreibung
Miles Flint arbeitet für den britischen Geheimdienst MI5. Sein Job besteht darin, Menschen zu observieren, und er liebt diese Arbeit, die ihm Einblick in die privatesten Momente seiner Opfer gewährt. Doch nun sind ihm kurz hintereinander zwei Fehler unterlaufen, einer sogar mit tödlichen Folgen. Seine Vorgesetzten geben Miles noch eine letzte Chance, sich zu rehabilitieren. Doch der vermeintlich ungefährliche Einsatz entpuppt sich als Falle - eine Falle, in die ihn nur Verräter aus den eigenen Reihen gelockt haben können ...
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Angeblich stammten seine Vorfahren aus Donegal, und vor allem deshalb hatte er beschlossen, seinen Urlaub in Irland zu verbringen. Die saftiggrüne Landschaft, so still im Vergleich zum lärmenden London, und die kleinen Küstenstädtchen gefielen ihm, die Menschen waren höflich und, nahm er an, so freundlich wie es ihnen einem Engländer gegenüber möglich war. Aber er wies auch immer rasch darauf hin, dass sich seine Wurzeln in Donegal befanden, dass er, im Geiste jedenfalls, dasselbe war wie sie: ein heißblütiger Kelte. Nachdem er einige Zeit im Westen verbracht hatte, fuhr er nach Osten, durch Fermanagh und Monaghan, bis er etwas südlich von Dundalk die Küste erreichte. Das Wetter war sonnig und mild, er sog die Atmosphäre ein und widerstand der gelegentlichen Versuchung, in London anzurufen und von der Reise zu berichten. Das konnte warten. Einige der Männer an der Küste waren Fischer, aber nicht mehr viele, jetzt, da die Wirtschaft des Landes, gemeinsam mit dessen gesellschaftspolitischen Problemen, unter Mühen im zwanzigsten Jahrhundert angekommen war. Im Norden gärte ein Gebräu aus naivem Idealismus und grausamen Zorn, angereichert durch ausländische Einmischung der übelsten Art. Insbesondere war da ein junger Mann mit wirrem Haar und dazu passendem Bart, den er in Droghdea getroffen hatte, und der ihm einen Vortrag über die Fischerei-Industrie, die örtlichen Pubs und über Politik gehalten hatte. Das Leben der Iren schien von Politik durchdrungen zu sein, so als würden sie zusammen mit der Luft Erinnerungen an Blutbäder und Unrecht einatmen. Er hatte unvoreingenommen zugehört und im Gegenzug erklärt, dass er im Urlaub sei, sich aber vor allem vom Scheitern einer Beziehung erhole. Der junge Mann nickte verständnisvoll, und in seinen Augen lag etwas Begehrliches. Mehrere Abende in Folge saßen sie in einem der Pubs, doch trotz seiner Freude spürte er das Ende seiner Ferien nahen. Eines Tages fuhren sie die Küste entlang, damit der junge Mann, Will, für einige Stunden vom Ausnehmen der Fische und dem Gestank der Fischerboote wegkam. Sie aßen und tranken, und als es dämmerte, wies Will den Weg zu einem Kai. Er zeigte auf ein kleines Boot. Ein intensiver Fischgeruch hing in der Luft, über ihnen kreischten unablässig die Silbermöwen. Das Boot, erklärte Will seinem Begleiter, gehöre ihm. 'Wollen wir rausfahren?' Während sie die grün gefleckten Kaimauern hinter sich ließen, um vorbei an den spitzen Felsen und dem Schiffswrack hinaus in die kabbelige Irische See zu gelangen, tauchte der ältere Mann die Hand ins bitterkalte Wasser, spürte, wie sich das Salz auf seiner Haut absetzte. Will erklärte, wieso der Wind weniger kalt war, und redete über die Jagd nach einem sagenumwobenen Riesenfisch, einem bedrohlichen Ungeheuer, das bisher nicht gefangen worden war. Gelegentlich wurde es von Leuten, die einige Gläser Rum intus hatten, in mondhellen Nächten gesichtet, aber sollte es noch leben, dann wäre es uralt, denn die ersten Geschichten über sein Auftauchen seien schon vor mehreren Hundert Jahren erzählt worden. Über ihnen wölbte sich der Himmel, die Gischt überzog sie mit einem zarten Schleier. Vielleicht, überlegte der Engländer, hegte er doch eine verborgene Liebe für die Natur. Er würde nach London zurückkehren, seine Arbeitsstelle kündigen (die er wahrscheinlich sowieso bald verlieren würde) und sich, mit neuem Blick auf die Welt, einfach ein wenig treiben lassen. Der Motor stoppte, und das Plätschern des Wassers war nun das einzige Geräusch. Es schien ihm ein Moment des reinen, wundersamen Friedens. Er schaute in Richtung Küste, aber sie war außer Sichtweite. 'Wir sind wirklich weit draußen', sagte er, die eine Hand noch immer im Wasser, obwohl sie langsam taub vor Kälte wurde. 'Nein', sagte der jüngere Mann, 'nur du bist weit draußen. Du bist zu weit von deinem Land entfernt.' Und als der ältere Mann sich umdrehte, sah er in den Lauf einer Pistole. Er wollte schreien, doch dann ertönte bereits der Schuss, und er wurde rüc Leseprobe