Beschreibung
Dieser Sammelband vereinigt Beiträge, die anläßlich einer Tagung zum Thema 'Schelling und die Selbstorganisation' entstanden. Die Tagung fand vom 30. August bis zum 2. September 1993 in der Werner-Reimers-Stiftung in Bad Homburg unter der Leitung von Wilhelm G. Jacobs und Marie-Luise Heuser-Keßler statt; sie war interdisziplinär von Naturwissenschaftlern, Mathematikern und Vertretern der Schelling-Forschung besucht. Mit der Tagung wurde beabsichtigt, die Resultate der jüngsten Schelling-Forschung in ihrer Beziehung zu den gegenwärtigen Selbstorganisationstheorien zu erörtern. Sie sollte dazu dienen, die neuen Forschungsergebnisse zu diesem Thema und die verschiedenen Positionen, die in den letzten Jahren dazu entstanden sind, zusammenzuführen und der Frage nachzugehen, welche Beziehungen zwischen Schellings Naturphilosophie und den Wissenschaften der Selbstorganisation bestehen. Die Tatsache, daß mit Hermann Haken der Begründer der Synergetik und mit René Thom der Begründer der mathematischen Katastrophentheorie teilnahmen, beides Forschungsrichtungen, die zum Ausgangspunkt für eine umfassende Neuorientierung innerhalb der mathematisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen seit den 70er Jahren führte, verdient besondere Beachtung, zeigt doch diese Beteiligung, daß die im 19. Jahrhundert viel geschmähte Naturphilosophie Schellings heute auch bei den exakten Wissenschaften wieder diskussionswürdig geworden ist. Die Renaissance der Naturphilosophie Schellings ging parallel mit der Entwicklung eines neuen Naturbildes in den Wissenschaften, mit dem die Fähigkeit auch der physikalischen Materie, aus sich selbst heraus neue Ordnungszustände zu produzieren, in das Zentrum des Forschungsinteresses gerückt wurde. Diese schon für sich bemerkenswerte Parallelität der Denkentwicklungen in Philosophie und Wissenschaft könnte eine Chance sein, den im 19. Jahrhundert entstandenen Graben zwischen Naturphilosophie und Naturwissenschaften wieder zu schließen. Schelling selbst hat immer eine Zusammenarbeit mit den Wissenschaften angestrebt und sich über jede Entdeckung gefreut, die die Grundhypothese einer sich selbst organisierenden Natur bestätigte oder vertiefte. Die Idee der Selbstorganisation der Natur eröffnet die Möglichkeit, eine Einheit von Natur und Gesellschaft zu denken, die nicht zu Lasten des 'prometheischen' Erfindergeistes der Gattung Mensch geht, wie dies die Lebensphilosophien im Kontext der 'konservativen Revolution' und auch manche ökologische Zukunftsmodelle vielfach suggerieren. Die Natur ist 'kreativ' und erzeugt aus sich neue Organisationsstufen, so daß die Veränderungspotenz des Menschen nicht etwas bloß Gattungsspezifisches ist und damit aus der Natur herausfällt, sondern mit der Natur zumindest prinzipiell konform geht. Wie dies genauer zu denken ist, ist eine Aufgabe, die sich nur interdisziplinär angehen läßt. Die in diesem Bande versammelten Aufsätze liefern dazu aus den unterschiedlichsten Perspektiven einen Beitrag. Aus dem Vorwort der Herausgeber
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